Die Corona-Tagebücher #10: Was heißt hier sofort?

Mitte März beschloss das Ministerium für Kultur und Wissenschaft in NRW ein Sonderförderprogramm in Höhe von insgesamt fünf Millionen Euro, um Freien Künstlern durch die Corona-Krise zu helfen. Versprochen wurde eine schnelle unbürokratische Hilfe und existenzsichernde Einmalzahlungen bis maximal 2.000 Euro. Die Düsseldorfer Künstlerin Frauke Berg hat einen Antrag auf Unterstützung gestellt. theycallitkleinparis hat mit ihr darüber gesprochen.

Frauke, du bist freischaffende Künstlerin. Kannst du kurz umreißen, wie deine künstlerische Arbeit aussieht?
Ich arbeite als Klangkünstlerin, Zeichnerin und Performerin.

Wie haben sich deine Einkünfte seit Beginn der Corona-Krise entwickelt?
Meine öffentlichen Auftritte als Performerin sind natürlich alle gestrichen worden. Im Mai wäre ich zum Beispiel eigentlich mit dem Goethe Institut Warschau und einem Team von Künstlern nach Polen gereist, auf ein Klangfestival, um dort vor Ort eine Arbeit zu entwickeln. Andere Auftritte sind auch auf unbestimmte Zeit verschoben worden. Ausstellungen befinden sich noch in der Schwebe. Das heißt, hier wird erst mal abgewartet, wie sich die Situation entwickelt und ob Eröffnungen wie geplant stattfinden können. Gleichzeitig habe ich recht viel zu tun, weil konstant überlegt wird wer, wann, wo und wie mit wem digital arbeiten könnte. Es werden zig digitale Tools getestet und miteinander ausprobiert. Als Team des künstlerischen Projektes Gasthofes Worringer Platz und des Hallraums sind wir selber auch auf der Suche nach Lösungen, um Projekte eingeladener Künstler realisieren zu können.

Mitte März hat NRW fünf Millionen Soforthilfe für Freie Künstler beschlossen. „Profikünstler“ sollten existenzsichernde Einmalzahlungen bis maximal 2.000 Euro bekommen. Angenommen, alle würden die Höchstsumme bewilligt bekommen, das Geld hätte für 2.500 Leute gereicht. Was schätzt du, wie viele Freie Künstler gibt es in NRW?
Ich glaube alleine in Düsseldorf sind es über 500, die an den „Kunstpunkten“ teilnehmen. Für ganz NRW taucht bei Wikipedia die Zahl 30.000 auf, habe es gerade mal gegooglet. Sind die Musiker da auch schon mitgezählt? Und die Illustratoren und die Grafiker und Autoren? Die sind ja auch fast alle Mitglied in der Künstlersozialkasse. Das ist nämlich Grundvoraussetzung, um die Mittel überhaupt bekommen zu können.

Die Soforthilfe konnte mittels eines „einfachen Formulars“ bei der zuständigen Bezirksregierung beantragt werden. Wie einfach war das Formular?
Tatsächlich einfach.

Was für Unterlagen musstest du beibringen?
Ich habe Verträge über meine Performances und Bestätigungsschreiben über deren Ausfall oder Verschiebung angefügt. Außerdem meine KSK-Versicherungsdaten.

Wie viel Zeit hast du investiert, um die nötigen Unterlagen zusammenzustellen?
Zwei Tage.

Wann hast du deinen Antrag eingereicht?
Ich habe ihn am 23. März eingereicht.

Und wann hast du Rückmeldung bekommen?
Am 14. April, also rund drei Wochen später.

Wie fiel die aus?
Negativ. Es hieß lapidar, die Gelder seien aufgebraucht. Ich war tatsächlich überrascht, was die Absage betrifft.

Wie denkst du darüber?
In meinen Augen war die ganze Sache schon im Vorfeld in gewisser Weise ungerecht. Welcher Künstler kann denn schon ausgefallene Honorare in Form eines Vertrags vorlegen? Das sind in der Regel nur die darstellenden Künstler. Ausstellungshonorare werden in NRW ja in der Regel nicht gezahlt.

Du bist ja bestimmt mit vielen anderen Künstlern im Austausch. Wie erging es denen?
Der weitaus größte Teil, von dem ich gehört habe, hat Absagen bekommen. Ehrlich gesagt habe ich nur von einer positiven Meldung gehört.

In der kommenden Woche spricht theycallitkleinparis mit dem Düsseldorfer Fotografen Josef Schulz, dessen Antrag positiv beschieden wurde.

In dieser Reihe bereits erschienen:

Die Corona-Tagebücher #1: Solidarische Nachbarschaft Düsseldorf

Die Corona-Tagebücher #2: It’s oh so quiet

Die Corona-Tagebücher #3: Falsche Verknüpfungen

Die Corona-Tagebücher #4: Vom Geben und Nehmen

Die Corona-Tagebücher #5: Der Radius wird kleiner

Die Corona-Tagebücher #6: Kunst & Quarantäne

Die Corona-Tagebücher #7: Hausmusik

Die Corona-Tagebücher #8: In die Leere

Die Corona-Tagebücher #9: Virologen-Merchandise

1 Kommentar

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Es ist nicht wahr dass alle Künstler in der KSK sind. Für uns Tänzer ist die KSK der absolute Albtraum. Da wir zwischen Selbständigkeit und Festanstellungen wochenweise bewegen war die Mitgliedschaft bei der KSK äußerst schwierig und man verzichtet lieber darauf denn zu bürokratisch.
Ich habe den Zuschuss als nicht Mitglied bekommen.
Aber mit 2000€ kannst Du mit Mühe 2 Monate überleben.

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