Die Corona-Tagebücher #7: Hausmusik

Wie heißt es so schön? In jeder Krise liegt auch eine Chance. Romana Lezaic und Torsten Mauss haben die Krisenchance am Schopf ergriffen. Derzeit senden die beiden Werber fast täglich einen musikalischen Gruß aus ihrem Flingeraner Wohnzimmer in die Welt. Neun ungewöhnliche Interpretationen von Klassikern der Musikgeschichte sind im Rahmen von „The Coronacle Hausmusik Files“ bereits entstanden. theycallitkleinparis hat mit den beiden Wohnzimmer-Musikanten gesprochen.

Wie ist eure momentane Arbeitssituation? Seid ihr beide im Home Office?
Torsten: Unsere derzeitige Arbeitssituation ist schwierig. Die Branche ist erst einmal geschockt, viele Messen und wichtige Events unserer Kunden abgesagt. Die Kunden müssen ihre Projekte umdenken, das bringt vieles durcheinander.
Romana: Ich arbeite hauptsächlich für die Reisebranche und eine Airline. Da herrscht gerade ein ziemlicher Stillstand, aber ich bin auch mit dem Homeschooling meines Sohnes vollauf beschäftigt.
Torsten: Wir sind beide ins Home Office umgesiedelt. So können wir den ganzen Tag zusammen verbringen, auch wenn wir arbeiten müssen. Und da kommen wir auf die eine oder andere gemeinsame Idee.

Wie entstand die Idee für „The Coronacle Hausmusik Files“?
Torsten: Der Name fiel uns ganz spontan ein. Passt ja auch. Wir rechnen mit einer langen Zeit, in der alles etwas anders sein wird. Mehr Zuhause, mehr Miteinander und Füreinander.
Romana: Coronacle setzt sich zusammen aus „chronicle“ und „Corona“, die Corona-Chroniken sozusagen.
So wie du deine „Corona-Tagebücher“ schreibst, so machen wir eben jeden Tag ein neues Song-Cover. Oder versuchen es zumindest.

Habt ihr vor Corona schon mal zusammen Hausmusik gemacht? Oder ist das wirklich erst jetzt in dieser sehr speziellen Phase entstanden?
Torsten: Wir haben schon von Anfang an zusammen gesungen. Aber eher nebenbei, auf dem Sofa. Anfangs war es immer nur „In The Heat Of The Morning“ von David Bowie. Mit einer kurzen Unterbrechung haben wir die jetzige Situation zum Anlass genommen, da wieder anzuknüpfen.
Romana: Jetzt ist einfach gerade die Zeit dafür da, und wir freuen uns genauso über andere, die derzeit kreativ und unterhaltsam aus ihrem Wohnzimmer „übertragen“. Auch wenn man sich nicht in Realität sehen kann, bekommt man doch eine Menge mit. Und viel Überraschendes. Das ist super!

Torsten, dich kennt man ja aus der hiesigen Musikszene. Romana, hast du auch Banderfahrung?
Romana: Ach, Musik war schon immer etwas, womit ich mich gerne mehr beschäftigt hätte. Ich habe nie in einer Band gespielt oder gesungen. Als ich aus Berlin zurück nach Düsseldorf kam, habe ich Schlagzeugunterricht genommen und damals hätte ich mich sehr gerne in einer Band ausprobiert, aber leider konnte ich niemanden dafür begeistern. Alle zu beschäftigt.

Welche Songs habt ihr bisher dargeboten? Ich muss gestehen, dass ich nur „The Final Countdown“ von Europe kannte…
Torsten: Das ist das Schöne daran, die meisten Stücke spielen wir nicht einfach nach, sondern machen eine ganz neue Version draus. Du kennst sie bestimmt alle, du hast sie bloß nicht erkannt. Neben „The Final Countdown” von Europe haben wir unterem anderem “Touch Me I‘m Sick” von Mudhoney, “Crucified” von Army of Lovers, “Evil Hearted You” von den Yardbirds und “I Am On Fire“ von 5000 Volts dargeboten. Zuletzt kam Queens „We Will Rock You“ dazu. Das hat sich Romanas Sohn Eliot gewünscht. Er spielt auch an den Drums mit.

Wonach sucht ihr die Stücke aus?
Torsten: Mal so, mal so. Manche Stücke drängen sich einfach auf, bei anderen sind wir selber überrascht, wie anders und besonders sie klingen, wenn wir sie zusammen spielen. Ganz besonders ist das bei „The Final Countdown“ der Fall. Ein Song, den wir selber nie hören würden – in der Original-Version. Da stellt man mal fest, wie schön so manches Songwriting ist. Klingt halt manchmal nur komisch … im Original.
Romana: Ich finde gut, wenn wir es schaffen aus einem Mainstream-Song, den jeder kennt, etwas zu machen, was man so nicht erwartet hätte. Das ist, wie Torsten schon sagt, bei „The Final Countdown“, aber auch bei „Crucified“ und „I’m On Fire“ ganz gut gelungen.

Wie lange übt ihr einen Song ein, bis ihr ihn aufzeichnet?
Torsten: Tagsüber sind wir mit der Arbeit und dem Homeschooling von Eliot beschäftigt. Währenddessen rufen wir uns schon Songvorschläge zu, da wird viel diskutiert und viel gelacht! Vor dem Abendessen sollten wir uns allerdings geeinigt haben, denn dann setzen wir uns hin und spielen. Tempo, Spielart und Stimmung müssen zu Romanas Gesang passen. Wenn wir zufrieden sind, nehmen wir noch am selben Abend auf.
Romana: Also ich sehe das eher so, dass ich meinen Gesang ans Torstens Gitarrenspiel anpasse. Er spielt den Song an, dann singe ich ein paar Takte dazu, wir passen Gesang und Gitarre noch ein wenig mehr aneinander an und nehmen dann eigentlich gleich auf. Beim Video abhören stellen wir dann fest, wo eventuell die Stimme noch verändert oder die Gitarre lauter werden muss. Meistens dauert es vom Einstimmen bis zum fertigen Video ungefähr vier Stunden.
Torsten: Wichtig ist uns dabei, dass das Ganze skizzenhaft bleibt und der unperfekte Charme von Hausmusik erhalten bleibt.

Bei einem Song kam sogar ein Glockenspiel zum Einsatz. Wann wurde das denn davor zuletzt benutzt?
Torsten: Das wurde das letzte Mal bei einer Plattenaufnahme für mein Soloprojekt TG Mauss vor circa 15 Jahren benutzt.

Könntet ihr euch vorstellen, mit den Songs auch live vor Publikum aufzutreten, also wenn der Corona-Wahnsinn irgendwann vorbei ist?
Torsten: Unbedingt! Das kann ich mir sehr gut vorstellen. Bis dahin sollten aber auch eigene Stücke entstanden sein. Ich freu‘ mich schon.
Romana: Die Vorstellung ist schon schön. Allerdings macht es ja einen Riesen-Unterschied, ob man mal eben ein bisschen im Wohnzimmer musiziert, oder ob man vor Publikum spielt. Bisher habe ich nicht daran gedacht, öffentlich zu singen. Mal sehen, wo uns das Ganze hinführt. Aber wenn, dann schon eher mit eigenen Stücken.
Torsten: Wenn man uns fragen würde, würden wir es sicherlich hinkriegen.
Romana: Jetzt schauen wir erst mal, wie das hier mit unserer Hausmusik und Corona weitergeht.

In dieser Reihe bereits erschienen:

Die Corona-Tagebücher #1: Solidarische Nachbarschaft Düsseldorf

Die Corona-Tagebücher #2: It’s oh so quiet

Die Corona-Tagebücher #3: Falsche Verknüpfungen

Die Corona-Tagebücher #4: Vom Geben und Nehmen

Die Corona-Tagebücher #5: Der Radius wird kleiner

Die Corona-Tagebücher #6: Kunst & Quarantäne

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