Für alles offen. Halle 72 in Oberbilk

In Oberbilk eröffnet am 22. April der Kultur- und Nachbarschaftstreff Halle 72. Ins Leben gerufen wurde er von Andrea Abbing. Bei dem Projekt geht es um Integration und Stadtteilleben.

Abbing ist in Oberbilk keine Unbekannte. Seit 2015 zeichnet sie für den Kunst- und Kulturverein „Königinnen und Helden“ verantwortlich. Für den e.V. war sie schon seit Längerem auf der Suche nach zusätzlichen Räumen. Die 90 Quadratmeter auf der Siemensstraße reichten – gerade in Corona-Zeiten, wo man penibel auf Abstand achten musste – einfach nicht mehr aus. Aber auch abgesehen von der Pandemie stieg das Interesse an den Angeboten des Vereins zuletzt stetig. „In den vergangenen drei Jahren habe ich mir deshalb unzählige Räumlichkeiten im Stadtteil angeschaut“, erzählt Abbing. Ohne Erfolg, irgendwie passte es nie so richtig. Im Dezember vergangenen Jahres ist sie nun fündig geworden, das heißt, eigentlich fanden die Räume eher sie als umgekehrt. Dem Hausmeister eines Hauses an der Linienstraße war die Raumnot von „Königinnen und Helden“ zu Ohren gekommen – und in „seinem“ Erdgeschoss standen schon länger Räume leer. Zwei miteinander verbundene Hallen zur Hofseite hin. Und eine Ein-Zimmer-Wohnung, knapp 40 Quadratmeter, mit Küche und Bad im Vorderhaus. Abbing schaute sich die Räume, die damals noch in einem relativ schlechten Zustand waren, kurz vor Weihnachten an – und war sofort Feuer und Flamme. Wenig später unterschrieb sie den Mietvertrag. „Bis Herbst diesen Jahres ist die Finanzierung gesichert, danach müssen wir mal schauen“, sagt sie.

Andrea Abbing, Foto: Alexandra Wehrmann

In den zurückliegenden Wochen und Monaten hatte Abbing noch mehr zu tun als ohnehin schon. Sie tapezierte, assistierte dem Elektriker und putzte Toiletten. Zudem trug sie die frohe Kunde in den Stadtteil hinaus. Jede:r, der beziehungsweise die nicht bei Drei auf den Bäumen war, erfuhr: Oberbilk bekommt einen Nachbarschaftstreff. Einen Ort der Begegnung, für alle Altersgruppen, für alle Kulturen, „auch für die Deutschen“, lacht Abbing. Das hatte sie sich immer gewünscht. „Genau das fehlte hier noch.“ Nähfrühstück, Ukraine-Hilfe, Yoga, Senioren-Bingo oder Kampfsport – in Zukunft sollen in den beiden Hallen nicht-kommerzielle Angebote aller Art von und für Menschen aus dem Viertel realisiert werden. Auch Kunst und Kultur sind fest mit eingeplant. „Natürlich keine Partys, aber akustische Konzerte, Lesungen, Theater, vielleicht auch Ausstellungen. Wir sind erst mal für alles offen. Was letzten Endes wirklich machbar ist, wird die Zukunft zeigen.“

Geschaffen hat Andrea Abbing die Halle 72 natürlich nicht alleine, sondern gemeinsam mit zahlreichen Helfer:innen, die in den vergangenen Wochen und Monaten mit Hand angelegt haben. Boden wurde verlegt, die Elektrik erneuert, Wände verputzt und neue Toiletten eingebaut. Aus den „Düsseldorf Arcaden“ erhielten Abbing & Co. eine Möbelspende. Die Bezirksvertretung 3 unterstützte das Projekt ebenso wie „Flüchtlinge Willkommen“. „Und die Regale, die wir auch geschenkt bekommen haben, werden von der Jugendberufshilfe umgebaut“, sagt Abbing und strahlt. Die knapp 40 Quadratmeter, die zur Straße hin liegen, wirken schon sehr einladend. Auf dem Tisch, der in einer Gebrauchtmöbelhalle erstanden wurde, stehen Getränke, Becher und ein Teller mit Süßigkeiten parat. Hier sollen in Kürze die kostenlosen Nachhilfe-Angebote starten. „Individualpädagogisch, in Kleingruppen“, erklärt Abbing. Vier Kinder, maximal. Wenn es erforderlich ist, soll sogar eine Eins-zu-Eins-Betreuung möglich sein. Abbing weiß um die Schwierigkeiten vieler Kinder im Stadtteil hinter dem Bahnhof und um die Tatsache, dass Corona die bestehenden Probleme noch weiter verschärft hat. „Es gibt viele Kinder, die sehr schwach sind.“ Für die sucht sie gerade Nachhilfe-Kräfte. Auch davon abgesehen, muss das Team von „Königinnen und Helden“ dringend wachsen, um die in Zukunft an der Linienstraße anstehenden Aufgaben zusätzlich bewältigen zu können. Glücklicherweise ist Andrea Abbing keine, die gerne die Füße hochlegt, sondern eine Macherin, eine Vernetzerin, eine Aktivistin vor dem Herrn. Wer sie kennt, weiß: Sie wird das schon machen.

Halle 72, Linienstr. 72, Düsseldorf-Oberbilk
Eröffnung: 22.4., 15 bis 18 Uhr
Wer die Halle nutzen möchte, kann sich unter koeniginnenundhelden@gmail.com melden.

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