Sanfte Energie. Ramadan im Selbstversuch #4

Dritter Fastentag, kurz vor dem Zu-Bett-Gehen

Ich bin so müüüüüüüüüde. Seit ich faste, also tagsüber das Essen aussetze, fühle ich mich ständig matt. Ich könnte rund um die Uhr schlafen. Für Gott, sagt mein Ramadan-Coach Erdin Kadunic, ist das kein Problem. Für Gott ist das in Ordnung: „Der Schlafende ist im Ramadan derjenige, der von ihm belohnt wird.“ Klingt gut. Allein ich fremdele mit mir selbst. Müdigkeit und Mattheit entsprechen so gar nicht meinem Naturell. Ich schleppe mich lustlos durch die Tage, kann mich nur schwer konzentrieren und schaue ständig auf die Uhr. Eine ganze Woche war ich schon nicht mehr auf dem Trampolin. Meine letzte größere Radtour liegt noch länger zurück. Gestern musste ich meine gesamte Kraft aufwenden, um mich in die zweite Etage zu schleppen. Danach erst mal ein Schläfchen. Vielleicht liegt’s am Essen, denke ich. Vielleicht muss ich das optimieren. Also rufe ich eine Freundin an, die es wissen muss. Schließlich ist sie Ernährungsberaterin.

Ich frühstücke im Moment um 5 Uhr. Wie sollte ein Frühstück aussehen, das nicht zu schwer ist, aber dennoch dafür sorgt, dass das Sättigungsgefühl möglichst lange anhält? Welches Getränk dazu? Auf Kaffee würde ich ungern verzichten.
Damit du den Fastentag gut überstehst, sollte dein Frühstück leicht, aber sättigend sein. Eine gute Mischung aus komplexen Kohlenhydraten, Eiweiß und gesunden Fetten geben dir langanhaltende Energie. Haferflocken oder Vollkornbrot sind perfekt, weil sie langsam Energie liefern. Dazu ein paar Datteln für schnelle Power und Ballaststoffe. Wenn du magst, kann du auch ein Quinoa- oder Hirse-Porridge machen. Eiweiß hält dich lange satt – zum Beispiel mit Joghurt, Quark oder Eiern. Pflanzliche Alternativen sind Hummus oder Nüsse. Gesunde Fette, etwa aus Avocado, Mandeln oder Leinsamen, helfen auch.Vergiss nicht, genug Flüssigkeit zu tanken. Wasser, Kräutertee oder verdünnter Fruchtsaft sind ideal. Und ja, Kaffee geht, aber am besten mit einem Glas Wasser dazu. Ein Beispiel-Frühstück wäre: Haferflocken mit Joghurt, Nüssen & Datteln, dazu ein gekochtes Ei mit Avocado auf Vollkornbrot – und du startest perfekt in den Tag und bleibst lange satt. Grundsätzlich ist mein Tipp: Setze auf Haferflocken, das ist ein Superfood, das du süß oder herzhaft kombinieren kannst. Damit machst du nichts falsch. Sie geben dir Kraft und Energie, machen lange satt und sind sehr bekömmlich.

Gegen 18:20 Uhr geht die Sonne dann unter. Dann sollte, so sieht der Islam es vor, das Fasten sehr schnell gebrochen werden. Traditionell mit einer Dattel und einem Glas Wasser. Was würdest du mir als Vegetarierin, die Fisch isst, für die abendlichen Mahlzeiten empfehlen? Und welche Getränke sind nach 13 Stunden ohne Flüssigkeit und Nahrung ideal? Das vor dem Hintergrund, dass ich während des Ramadan gerne auf Zucker, Alkohol und Weizenmehl verzichten würde.
Nach 13 Stunden ohne Essen und Trinken braucht dein Körper erst mal sanfte Energie. Das Fastenbrechen mit Dattel und Wasser ist eine sehr gute Kombination, um den Blutzucker sanft anzuheben und Flüssigkeit auszugleichen. Danach sind stilles Wasser, ungesüßter Kräutertee oder Kokoswasser ideal, um den Körper weiter zu hydrieren. Auch lauwarmes Zitronenwasser kann die Verdauung anregen. Um den Magen nicht zu überfordern, ist eine leichte Suppe ideal, zum Beispiel Linsensuppe oder eine klare Brühe mit Quinoa. Danach sollte die Hauptmahlzeit sättigend, aber gut verdaulich sein. Hirse oder Süßkartoffeln sind eine gute Alternative zu Weizen. Dazu passen gegrilltes Gemüse, Hummus oder Avocado. Da du Fisch isst, wäre ein gegrillter Lachs oder Kabeljau mit Ofengemüse eine gesunde Wahl. Wichtig ist, langsam zu essen und auf das Sättigungsgefühl zu achten. Falls du noch Lust auf einen Snack hast, sind Nüsse oder Samen perfekt, da sie gesunde Fette liefern.

Ich habe überlegt, abends vielleicht zwei kleinere Mahlzeiten einzunehmen, eine direkt nach Sonnenuntergang – und eine kurz vor dem Zu-Bett-Gehen. Macht das aus deiner Sicht Sinn? Und falls ja: Welche Art von Nahrung kann man dem Magen, kurz bevor man sich hinlegt, noch zumuten, ohne dass man einen unruhigen Schlaf riskiert?
Ja, zwei kleinere Mahlzeiten am Abend können absolut Sinn machen. Direkt nach Sonnenuntergang braucht dein Körper schnell verfügbare Energie und Flüssigkeit, während die zweite Mahlzeit vor dem Schlafengehen leicht verdaulich sein sollte, damit sie deinen Schlaf nicht stört. Die zweite Mahlzeit sollte etwa ein bis zwei Stunden vor dem Schlafengehen liegen und möglichst leicht und eiweißreich sein, zum Beispiel Joghurt mit Nüssen oder Samen oder ein kleines Omelett beziehungsweise gekochtes Ei mit Avocado versorgt dich mit Eiweiß und gesunden Fetten, ohne den Magen zu belasten.

Letzte Frage: Während der Stunden, in denen ich faste, werde ich wohl kaum Sport machen können. Das wird sich zwangsläufig in die Abendstunden verlagern. Wie viel Zeit sollte ich nach dem Abendessen und einem Sportprogramm vergehen lassen? Und: Welche Art von Bewegungsprogramm wäre für die 30 Tage Ramadan wohl ideal?
Wenn du abends Sport machen willst, solltest du deinem Körper nach dem Essen mindestens eine bis anderthalb Stunden Zeit geben, um zu verdauen. Was das Training angeht, solltest du es nicht übertreiben. Dein Körper bekommt den ganzen Tag über keine Flüssigkeit und braucht abends Zeit, um wieder Energie zu tanken. Am besten eignen sich leichtes Krafttraining oder Bodyweight-Übungen wie Kniebeugen, Liegestütze oder Planks – damit bleibst du fit, ohne dich total auszupowern. Yoga ist auch eine gute Option, weil es den Körper schön mobilisiert und gleichzeitig entspannt. Wenn du Lust auf Ausdauer hast, ist lockeres Joggen, schnelles Gehen oder Radfahren eine gute Wahl – aber alles in einem moderaten Tempo. 30 Minuten pro Tag reichen absolut aus.

So weit die Ernährungsexpertin. Nach dem Gespräch mit ihr war ich einkaufen. Habe Nüsse gekauft. Leinsamen. Und jede Menge Haferflocken. Mal sehen, was ich mir morgen früh, wenn um fünf Uhr mein Wecker schrillt, zubereiten werde.

Diese Reihe wird im besten Fall bis zum Ende des Ramadans fortgeführt.

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