Lars Schmidt im Interview – „Veit und ich sind verkuppelt worden“

Lars Schmidt kennt man in Düsseldorf seit über 30 Jahren als Songschreiber und Gitarrist von Subterfuge. Doch nicht nur bei seiner angestammten Band beweist der Musiker einen langen Atem: Gemeinsam mit dem Kölner Veit König entstehen unter dem Namen Quent ebenfalls bereits seit anderthalb Dekaden gemeinsame Songs. In der Zeit haben sich die beiden Musiker allerdings kein einziges Mal persönlich getroffen und nur selten telefoniert. Trotzdem sind aus der digitalen Fernbeziehung mittlerweile 12 Songs entstanden, die nach 80s, 20s, Synthpop, Minimal und Indie klingen und nun als selbstbetiteltes Debütalbum zu haben sind. theycallitkleinparis hat mit Schmidt gesprochen.

Lars, wir müssen den Lesern vielleicht erklären, dass wir eine gemeinsame Vergangenheit haben. Wir haben vor circa vierzig Jahren zusammen Blockflötenunterricht gehabt. Ich wollte damals eigentlich Klavier spielen. Aber meine Eltern sagten, ich sollte lieber Blockflöte machen, für ein Klavier sei unsere Wohnung zu klein. Wie bist du zur Blockflöte gekommen?
Soweit ich mich erinnern kann, kam die Blockflöte damals für jeden automatisch mit der musikalischen Grundausbildung. Ich bin dann nur nicht davon weggekommen und als einziger Junge im Flötenspielkreis gelandet, weil es hieß, meine Finger seien zu klein für die Gitarre.

Unsere Musiklehrerin war Frau Z, eine sehr strenge Person, die das Blockflötenspiel sehr ernst nahm. Manchmal wurde sie nach dem Flöten-Unterricht von ihrem Mann und einem Pekinesen abgeholt. Wie hast du Frau Z in Erinnerung?
Leider gar nicht mehr, geblieben ist nur noch so ein Gefühl. Die Musik und die Ernsthaftigkeit waren mir viel zu erwachsen. Heute könnte ich da mehr mit anfangen, machen wir nochmal ein Revival?

Klar, warum nicht? Ich müsste das Instrument allerdings erst mal suchen. Wie lange hast du insgesamt Blockflöte gespielt?
Auf jeden Fall länger als ich wollte. Nach der Flöte ging es dann auch erst mal nicht nach Wunsch weiter: Ich habe viele Jahre Klavier gespielt.

Irgendwann hast du aber die Kurve bekommen und dich der Gitarre zugewandt. Hast du die auch klassisch gelernt?
Das war dann mit 15, außerhalb der städtischen Musikschule. Klassisch kann man das sicher nicht nennen und es war auch nicht für lange Zeit. Um gute Musik zu machen, muss man aus meiner Sicht aber auch kein Instrumentalist sein, da kommt das Meiste doch eh über den Ausdruck.

1988 hast du deine erste Band gegründet, zusammen mit Thomas Baumhoff. Subterfuge gibt es bis heute. Was bedeutet dir die Band, mehr als drei Jahrzehnte nach der Gründung?
Subterfuge ist viel mehr als eine Band für uns. Wir sind alle eng befreundet, schätzen uns sehr als Typen und als Musiker. So gesehen ist es kein Zufall, dass wir weiter Spaß dran haben, zusammen was zu machen.

Und hattest du nebenher immer auch andere Bands oder Projekte?
Als wir alle Kinder bekommen haben, wurde es schwierig, zusammen Musik zu machen. Außerdem waren Tommy und ich zwischendurch eine Zeit lang im Ausland. So kam es zu den Soloprojekten. Ich hatte zusammen mit dem Illustrator Lomp die Idee, eine Geschichte zu entwickeln, die er zeichnet und ich vertone: die Modern Air & Space Society.

Unter dem Namen Quent machst du außerdem seit 15 Jahren mit dem Kölner Veit König Musik. Wie kamt ihr zusammen?
Wir kannten uns eher flüchtig, sind dann quasi verkuppelt worden, als Veit einen Sänger für seine Musik gesucht hat. Ich hab auf einen ersten Song testweise gesungen. Das hat so gut geklappt, dass wir weitergemacht haben. Dieser erste Song ist jetzt übrigens auf unserem Album. Er heißt „Treppen Rauf“.

Warum habt ihr euch für den Namen Quent entschieden?
Der passte super zum musikalischen Konzept, weil das Wort sowohl was Technisches als auch was Persönliches hat. Quent heißt ja zum einen Quentchen, zum anderen ist es aber auch eine Abkürzung des Namens Quentin.

In den anderthalb Dekaden, die ihr gemeinsam Musik macht, habt ihr euch kein einziges Mal gesehen. Das heißt also, ihr habt, zumindest was euch beide angeht, schon Social Distancing betrieben, lange bevor der Begriff überhaupt aufkam?
Ja, das stimmt wirklich, ist aber kein bewusstes Vorgehen. Das hat sich einfach nicht ergeben, war so gesehen also auch nicht notwendig.

Wie entstehen eure Songs? Wer macht was?
Das ist sehr einfach. Veit macht die Musik, ich texte und singe drauf. Dann wird gemischt – fertig. Ich finde das ziemlich erstaunlich, dass wir ganz ohne musikalischen Diskurs auskommen und am Ende trotzdem was Anständiges dabei herauskommt.

Nun habt ihr ein Album veröffentlicht. 12 Songs finden sich darauf. Wie hat sich euer Sound in der Zwischenzeit entwickelt?
Vor 14 Jahren haben wir mit den ersten Songs angefangen, anschließend lange Pause gemacht, zwischendurch kamen noch ein paar dazu. Und wie das halt so ist, hat es dann wieder weiter rumgelegen. Jetzt, wo wir das Label Less Records haben, war der richtige Zeitpunkt da, das alles endlich mal raus zu bringen. Auch weil mindestens „Rückwärtsevolution“ ein Song ist, den wir ungern in der Schublade lassen wollten.

Bei Subterfuge entstehen die Songs anders. Es gibt eine physische Nähe zwischen den Musikern. Wie wirkt sich dieser Unterschied im Entstehen auf die Musik aus, kannst du das beschreiben?
Bei Subterfuge ist der Ansatz in der Tat ein ganz anderer. Tommy und ich wurden ja musikalisch gemeinsam sozialisiert, tauschen uns schon immer viel über Musik aus. Wir spielen uns die Songs in einer frühen Phase vor, entwickeln sie zusammen weiter, aber reiben uns auch viel dabei. Dann kommt die ganze Band zum Arrangieren und mit weiteren Ideen und Ansichten dazu. Auch das ist dann meist ein längerer Prozess, der sich bis ins Studio zieht, wo dann auch gerne mal wieder ganz von vorne angefangen wird.

Mit Quent wird es vermutlich keine Live-Auftritte geben, oder?
Das müssen wir mal sehen, das haben wir uns bewusst offengehalten. Derzeit ist live ja eh kein Thema. Ehrlich gesagt bin ich auch sehr gespannt, wie es mit Konzerten jetzt überhaupt weitergehen kann.

Und was ist bei Subterfuge geplant?
Vor ungefähr einem Jahr haben wir wieder angefangen, gemeinsam an neuen Songs zu arbeiten. Das ging jetzt für unsere Verhältnisse ziemlich schnell. Im Herbst soll das Album fertig aufgenommen sein.

Modern Air & Space Society, das gemeinsame Projekt mit Lomp, hast du ja auch schon erwähnt. Ist da ein Erscheinungstermin in Sicht?
Die Musik des Weltraum-Odyssee-Konzeptalbums wird dieser Tage gerade fertig. Dann fehlt noch das Sounddesign für die Hörspielsequenzen von Tom (Blankenberg, die Red.) und der Comic von Lomp. Beide werden da wohl dieses Jahr noch für brauchen. Insgesamt dauert die Arbeit an dem Projekt mittlerweile schon seit 15 Jahren an.

Das klingt ja schon alles schwer nach kreativer Entschleunigung. Bist du jemand, der der Langsamkeit generell etwas abgewinnen kann?
Total! Ich hätte da gerne viel mehr davon, bin aber absolut nicht der Typ. Erstaunlich, dass das trotzdem alles so lange gedauert hat.

Die Abschlussfrage gilt wieder dem Instrument des Grauens: Spielst du heute noch Blockflöte?
Nur wenn ich es nicht vermeiden kann. Beim Konzeptalbum gab es zum Beispiel ein paar Stellen, wo es sehr gut gepasst hat. Allerdings bin ich ziemlich eingerostet, was die Blockflöte angeht.

Alles über Quent findet ihr hier.

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