Inseln #1: Pippi-Langstrumpf-Träume

Zum Urlauben zieht es viele Menschen auf Inseln. Nach Mallorca, Juist oder Sizilien. Noch mehr als das Festland werden jene Flecken, die rund herum von Wasser umgeben sind, mit Erholung in Verbindung gebracht. Mit Unerreichbarkeit. Mit Ruhe. Ist das nur in der Ferne so? Oder vielleicht auch in der eigenen Stadt? theycallitkleinparis begibt sich in diesem Sommer auf Expedition und erkundet diverse Düsseldorfer Inseln. Den Anfang macht eine Insel im Unterbacher See.

Um das Eiland zu erreichen, muss man ein Boot mieten. Ruderboote, große und kleine Tretboote werden im Bootshafen am nördlichen Ufer des Baggersees verliehen. 10 Euro kosten die kleinen, 13 die großen pro Stunde. Abgerechnet wird auf die Minute genau. Unser Boot trägt die Nummer 12 und ist aus feuerrotem Kunststoff. Vorsichtig entfernen wir uns rückwärts von dem langen Steg, an dem zahllose weitere Boote auf lustige Seefahrer warten. Über dem Wasser weht ein leichter Wind. Die Sonnenstrahlen zaubern glitzernde Punkte auf die Wasseroberfläche. Wir betätigen die Pedale, die daraufhin ein lautes Quietschen vernehmen lassen. Wir treten stärker, kommen aber trotzdem kaum von der Stelle. „Puh, ist das anstrengend“ stöhnt der Beifahrer, der sich zunächst mal mit der Steuerung (leider kein schlichtes Lenkrad!) vertraut machen muss. Die zahlreichen Hindernisse in Form von Seglern, Surfern, anderen Tretbooten, Schwänen, Enten, Kanadagänsen und Stand-up-Paddlern machen das Unterfangen keinesfalls leichter. „Achtung, Segelboot von rechts“, warne ich. Segelboote, so das Tretboot-Gebot Nummer eins, haben Vorfahrt. Vorsätzliche Kollisionen, Tretboot-Gebot Numero zwei, sind verboten.

Wir entscheiden uns, nah am Ufer zu bleiben und tuckern langsam aus dem Bootshafen. Über dem Campingplatz flattern – so viel Klischee muss sein – eine Deutschland- und eine Fortuna-Düsseldorf-Fahne. Unter letzterer serviert die Dame des Hauses, äh, des Wohnwagens, gerade das Mittagessen. Was genau auf den Campingtisch kommt, ist vom Boot aus ohne Fernglas allerdings pure Spekulation. Dass an der Außenwand des Zelts Geranien in Kästen hängen, ist hingegen mit bloßem Auge zu erkennen. Im Strandbad Nord ist derweil nicht wirklich viel los. Zwei Schwimmer in Neoprenanzügen (die Wassertemperatur beträgt zum Zeitpunkt unserer Bootspartie 21 Grad) ziehen unaufhörlich ihre Bahnen. Ein junges Liebespaar versucht eins zu werden. Und ein halbes Dutzend Möwen langweilt sich auf dem Holzbalken, der den Schwimmer-Bereich vom Rest des Sees trennt, durch den Tag.

Dann nehmen wir Kurs auf die Insel. Sie ist namenlos, ebenso wie die drei anderen Inseln im Unterbacher See. Unbewohnt zudem. Jedenfalls von Menschen. Tiere dürfte es auf ihr ohne Ende geben, bietet sie mit ihren Bäumen und dem dichten Gestrüpp doch einen perfekten Rückzugsort. Als Kinder haben wir uns oft vorgestellt, wie es wäre, auf der Insel zu leben. Sich dort eine Hütte zu bauen. Feuer ohne Streichhölzer zu machen. Sich von Beeren und Früchten zu ernähren, die man auf der Insel finden würde. Pippi-Langstrumpf-Träume! Heute wissen wir, dass das Betreten der Insel verboten ist. Und dass derzeit akute Waldbrandgefahr herrscht. Dazu kommt das dritte Tretboot-Gebot: Nicht näher als 20 Meter ans Ufer heranfahren!

Nach 20 Minuten Strampeln drehen wir kurzerhand um und nehmen nach wie vor im Schneckentempo erneut Kurs auf den Bootshafen. Vor uns taucht unvermittelt ein pinker Flamingo auf, also ein Tretboot in Flamingo-Form. Das Gefährt hat schwer Schlagseite. „Kein Wunder, die sitzen ja auch alle rechts“, sagt der Begleiter. Wir lachen. Und werden im gleichen Moment selbst zum See-Gespött. Zwei Stand-up-Paddler ziehen links locker an uns vorbei. Scheint so, als wären sie doppelt so schnell wie wir. Mag am Begleiter liegen. Der ist nach einer knappen dreiviertel Stunde körperlich am Ende: „Ich glaube, mein Muskel macht zu.“ Den Bootshafen haben wir dann doch noch erreicht. Mit Mühe und Not.

Der Bootshafen am nördlichen Ufer des Unterbacher Sees hat wie folgt geöffnet: Mo-Fr 13-19:30, Sa, So, Feiertag 11-19:30 Uhr

6 Kommentare

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Danke für die Rückmeldung und die freundlichen Worte. Freut mich sehr! Buchmäßig ist erst mal nichts geplant. Aber wenn ich doch eins mache, bekommst du ein Exemplar. Versprochen!

Sehr schön be- und geschrieben. Ich empfinde die Inseln im Unterbacher See als sehr idyllisch und die Schlingpflanzen unter Wasser geradezu mystisch.
Mein Freund und ich gleiten mit den Stand Up Boards darüber. Das entspannt. Man muss nur ein bisschen auf die Tret- und Segelboote achtgeben. 🙂

Ja, die Schlingpflanzen mag ich auch sehr! Vielleicht treffen wir uns ja demnächst mal auf dem See. Wer hätte dann eigentlich Vorfahrt? Das Tretboot oder ihr als aufrecht Paddelnde?

Ein qualifizierter Kommentar von einem, der es schon ob seines Namens wissen muss. Merci, Herr Seehuber!

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