Im Elternhaus von Simon Evertz spielte Kunst keine Rolle. Die Eltern nahmen den Sohn nicht bereits im Vorschulalter mit ins Museum, unterbreiteten keine kreativen Angebote. „Eine Sozialisation in Sachen Kunst gab es nicht“, sagt der Sohn rückblickend. Nach der Schule entschied sich der Neusser zunächst für eine Ausbildung zum Technischen Zeichner. Mit irgendwas muss man ja sein Geld verdienen. Als er 18 Jahre alt war, hatte er das, was man im Nachhinein wohl als einschneidendes Erlebnis bezeichnen darf. Er besuchte zum ersten Mal den alljährlichen Rundgang der Kunstakademie Düsseldorf. „Es war pure Magie.“ Plötzlich war dem jungen Mann klar, was er wirklich mit seinem Leben anfangen wollte. Besonders die Klasse des dänischen Künstlers Tal R hatte es ihm angetan. Evertz wusste: Das will ich auch.
Bis zu dem Zeitpunkt war er niemals auf die Idee gekommen, ein Bild zu malen. Aber jetzt begann er damit. Er besorgte Leinwände, Farben und Pinsel und machte einfach. Sein erstes Bild wurde 2008 fertig. Ein sehr kleines Format. Es zeigt eine weibliche Figur mit weißen Flügeln von hinten, die einen dunkelroten Gang entlang geht. War er mit dem Ergebnis zufrieden? Zufrieden sei er nie, erwidert der Künstler. „Aber ich wusste, dass es klappen wird.“ Und es klappte. Evertz reichte eine Mappe an der Kunstakademie Düsseldorf ein, jenem Ort, der ihn beim Rundgang so beeindruckt hatte – und wurde angenommen. 2009 begann er sein Studium. Und die Erwartungen wurden nicht enttäuscht. In seinen insgesamt sieben Jahren an der Eiskellerstraße fühlte er sich „frei wie ein Vogel“. Evertz studierte zunächst bei Tal R, wurde dessen Meisterschüler. Im Anschluss wechselte er für weitere zwei Jahre in die Klasse des schottischen Malers Peter Doig. Tal R hatte ihm zuvor geraten, noch eine andere Position kennenzulernen.
Vor zwei Jahren hat Simon Evertz die Akademie, jene Räume, in denen er sich „frei wie ein Vogel“ fühlte, nun verlassen. Die Malerei, zu der er erst relativ spät fand, sie hat ihn nicht mehr losgelassen. Mit dem ersten Bild hat das, was er heute macht, nichts mehr zu tun, „außer, dass es Farbe auf Leinwand ist“. Die Eingebung komme, wann, wie und woher sie wolle, versucht der Künstler sich an einer Erklärung. Er selber sei nur das physikalische Medium, das sie sichtbar mache: „Wenn ich ein Bild beginne, bin ich mir zu ungefähr 50 Prozent sicher, was ich will. Dann kann ich mich verlieren und der Rest ergibt sich während des Prozesses.“ Inspirieren lasse er sich von „Girls, Skateboarding und Musik“. Evertz lebt nach wie vor in seiner Heimatstadt Neuss. So oft wie möglich fährt er in sein 500 Quadratmeter großes Atelier im Grünen, um zu arbeiten. Gerne zu Klängen von Clark, Sonic Youth oder den Einstürzenden Neubauten. Überlegt er manchmal, wo er heute wäre, wenn er die Ausbildung zum Technischen Zeichner abgeschlossen hätte? „Lieber nicht“, sagt Evertz.
Simon Evertz „Modern Love“: bis 23.8. Fonis Galerie, Lindenstr. 90, Düsseldorf, Di-Fr 13-18, Sa 11-15 Uhr
3 Kommentare
KommentierenHi Alexandra,
wieder so ein Interview, das mich „gepackt“ hat und mich auf seine Werke neugierig macht. Und ja, die nächsten Tage werde ich die Ausstellung besuchen, bevor es zu spät ist.
Bis zum 23. August kannst du dir seine Arbeiten ja noch anschauen in Flingern.
Danke für das Interview, jetzt bin ich neugierig auf seine Kunst