Axel Winne kuratiert bereits seit einigen Jahren das Live-Musik-Programm der Oberbilker Christuskirche. Für das Jahr 2023 hat er, auch dank verbesserter finanzieller Bedingungen, viele spannende Bands und Musiker:innen von nah und fern eingeladen. Den Auftakt machen am kommenden Freitag der Düsseldorfer Pianist Thilo Schölpen und Lars Rudolph, den viele als Schauspieler kennen dürften. theycallitkleinparis hat mit Axel Winne gesprochen.
Axel, nach einem zaghaften Neustart in 2021 und ersten größeren Zusammenkünften in 2022 geht die off church 2023 ins dritte Jahr. Die stilistische Bandbreite der Auftretenden ist dabei größer geworden. Was erwartet das Publikum musikalisch in den kommenden Monaten?
Ganz grundsätzlich ist die Christuskirche natürlich ein wunderbarer Ort, um mit ihrer Akustik zu spielen und musikalisch zu experimentieren. Daher machen die vielfältigen Spielarten elektronischer Musik nach wie vor den Großteil der Konzertabende aus. Außerdem wird es ein Konzert in rein akustischer Instrumentierung geben, das sich irgendwo zwischen Freejazz und Neuer Musik bewegt. Aber auch – und das ist eine persönliche Premiere für mich – einen Abend ausschließlich mit Popmusik.
Den Auftakt machen am 31. März der Düsseldorfer Pianist Thilo Schölpen und Lars Rudolph. Der Abend steht unter der Überschrift „How to hypnotize a snake“. Warum?
Darauf bin ich selbst schon sehr gespannt! Die Künstler haben sich auf einer Reise durch Indien mit Schlangenritualen und deren Musik beschäftigt. Sie spielen an diesem Abend „Snake Charming Music“ und beschreiben ihre Musik als „Tier, welches einen Raum verschlucken kann“.
Abgesehen vom ersten Abend, an dem Schölpen und Rudolph ja gemeinsame Sache machen, hast du immer zwei Künstler:innen/Bands eingeladen. Wonach hast du sie zusammengestellt?
Zu Beginn der Planungen gab es stilistische Klammern für die einzelnen Abende – wie beispielsweise Elektroakustik oder neuer deutscher Pop – die durch jeweils zwei Künstler:innen oder Bands bespielt werden sollten. Im weiteren Verlauf haben aber auch einige der beteiligten Düsseldorfer Künstler:innen eigene Wünsche für den zweiten Act des Abends geäußert. Wo es machbar war, habe ich diese Anregungen sehr gerne aufgenommen und versucht, es möglich zu machen. Ich denke, das Besondere an den Veranstaltungen der off church ist ihre offene, wertschätzende freundschaftlich-familiäre Grundatmosphäre. Und dieser Geist schimmert – so hoffe ich zumindest – mitunter schon während der Bookingphase durch. Insofern finde ich die Idee, dass auch die auftretenden Künstler:innen selbst durch ihre eigenen persönlichen Wünsche zu einer gelungenen Abendgestaltung beitragen können, eigentlich sehr schön und letzten Endes auch irgendwo konsequent.
Wie informierst du dich selbst über Musik? Welche Quellen nutzt du? Mit wem tauschst du dich aus?
Am häufigsten sind es Freund:innen und Bekannte, die mich auf Neues stoßen. Außerdem gehe ich oft und gerne einfach „blind“ auf irgendwelche Konzerte. An Orte, von denen ich weiß, dass sie einfallsreich beim Booking sind und wo ich ziemlich sicher davon ausgehen kann, dass ich dort gute Menschen treffen und einen unterhaltsamen Abend verleben werde.
Kaufst du selbst noch Platten?
Platten kaufe ich zurzeit sehr unregelmäßig. Meistens, wenn ich in anderen Städten zu Besuch bin. Dann aber gerne ziemlich impulsiv. Vielleicht sollte ich mich an dieser Stelle mal bei Ralf, Guenter, Tommy & Chris und Volker bedanken, die immer meine Flyer in ihren Läden auslegen, obwohl ich fast nie zum Einkaufen bei ihnen vorbeischaue.
Die letzte Platte, die du gekauft hast?
Nicht Spektakuläres. Deichkind, „Neues vom Dauerzustand“.
Inwiefern beeinflusst die Christuskirche als Veranstaltungsort auch das, was im Rahmen von off church zu hören ist. Oder anders gefragt: Gibt es Sounds, die du dir dort überhaupt nicht vorstellen kannst?
Alle, die es ganz genau wissen wollen, lade ich hiermit in meine private Ambient-Selbsthilfegruppe ein. Für alle anderen: Eine Kirche ist eine hallige Stätte. Insofern freue ich mich natürlich über Künstler:innen, die mit diesem akustischen Phänomen vertraut sind und auch offen für Experimente. Den Austausch mit ihnen erlebe ich immer als sehr inspirierend… und die neugewonnenen Erkenntnisse erleichtern mir natürlich auch die Arbeit mit meiner Selbsthilfegruppe. Sounds, die ich mir dort überhaupt nicht vorstellen kann? Ja, die gibt es.
Obwohl du durchaus namhafte Künstler:innen eingeladen hast, kosten die Konzerte keinen Eintritt. Ist das in einer Zeit, in der Kultur droht, an Bedeutung zu verlieren, ein gutes Signal?
Dazu gibt es ja durchaus unterschiedliche Sichtweisen. Aus Erfahrung kann ich mit Sicherheit sagen, dass erheblich weniger Gäste kämen, sobald wir für die Konzerte einen festen Eintritt verlangen würden. Und auf der anderen Seite ist es wohl auch nicht besonders kühn, zu behaupten, dass sich die allermeisten Künstler:innen über möglichst viele Besucher:innen und gut gefüllte Räume freuen. Für den freien Eintritt gibt es im Wesentlichen zwei Gründe: Zum einen möchten wir niemanden vom Konzertbesuch abhalten, weil das Ticket womöglich zu teuer sein könnte. Zum anderen glauben wir, dass durch den freien Eintritt automatisch auch eine größere Offenheit da ist, sich unvoreingenommen einfach mal auf etwas Neues einzulassen, was vielleicht nicht zwingend dem engeren persönlichen Musikgeschmack entspricht. Aber wir wehren uns natürlich auch nicht dagegen, wenn jemand unbedingt darauf besteht, trotzdem Eintritt zu zahlen, weil es ihr oder ihm einfach so unfassbar gut bei uns gefallen hat.
Wie finanziert ihr die Gagen der Musizierenden?
Bis letztes Jahr liefen die Gagen bei der off church LIVE ausschließlich „auf Hut“. Für 2023 konnten wir für die Konzertreihe erstmals erfolgreich Kulturfördermittel akquirieren. Unserem Antrag auf Grundsicherung wurde somit also in weiten Teilen entsprochen. Deshalb dürfen wir uns dieses Jahr auch auf Besuch mit etwas weiterer Anreise, aus Hamburg, Berlin und Wien freuen.
off church 2023
31.3. How to hypnotize a snake? (Lars Rudolph/Thilo Schölpen)
26.5. Chogori | Emme
2.6. PAULA PAULA | KATHARINA
25.8. Berg/Lautermann | Lux&Leo
24.11. So Sner | Nika Son
Christuskirche, Kruppstraße 11, Düsseldorf