Intensive Botschaften gepaart mit einem Überraschungsmoment waren ihre Spezialität: Das polnische Künstlerkollektiv Twożywo arbeitete im öffentlichen urbanen Raum. Es hinterließ Spuren auf Wänden, in Bussen und Bahnen. Fast 20 Jahre lang überschüttete die Gruppe Warschau mit mehrdeutigen Slogans und Wortspielen. Nun erinnert eine Retrospektive im Polnischen Institut an Mariusz Libel und Krzysztof Sidorek und (bis 1998 auch) Robert Czajka.
Twożywo waren von 1994 bis 2011 aktiv. Sie übergaben der Öffentlichkeit riesige Wallpaintings, Sticker und Poster. Dabei lag der Schwerpunkt der Kreativen keinesfalls ausschließlich auf Bildlichem. Es waren vielmehr die Texte, die die zufällig Vorbeikommenden aus ihren Gedanken rissen und ihnen Denkanstöße verpassten: „Und jetzt schreibe, was dich von anderen unterscheidet“ war da zu lesen. „Wir sind zwanzig und wollen die Welt verändern.“ Oder „Alle Gesichter im Bus sehen gleich aus.“ Was damit anzufangen war, blieb den Betrachtenden selbst überlassen. Im besten Fall war das Kunstwerk der Beginn einer Auseinandersetzung mit einem Thema, an das man vorher nicht allzu viele Gedanken verschwendet hatte und zu dem man sich nun eine Meinung bildete. Mit dieser Methode arbeiteten Mariusz Libel und Krzysztof Sidorek auch als Illustratoren und Designer, beispielsweise bei der Gestaltung von Buchcovern. Immer überraschten sie, regten die Kreativität an, rüttelten wach. Sie bezogen Stellung zu dem, was sie bewegte, waren dabei kritisch, ironisch, oft auch bitter, bewahrten aber dennoch stets ihre Leichtigkeit und ihren eigentümlichen Witz. Sie beherrschten die Kunst des Netzspinnens, kreierten Metadaten und Hyperlinks. Nicht zuletzt deshalb gelten sie heute als Wegbereiter der Netzkunst in Polen.
Gruppe Twożywo – eine Retrospektive: „ISTnienie“, bis 16.11. Polnisches Institut, Citadellstr. 7, Düsseldorf