Luca Kohlmetz im Interview – „Das Ziel ist die Restrukturierung der Stadt“

Luca Kohlmetz hat im Südpark, auf dem ehemaligen Gelände der BuGa, den sogenannten Phloxgarten angelegt. Die Tatsache, dass die Hochbeete dort aussehen wie Skulpturen, kommt nicht von ungefähr. Kohlmetz ist Künstler. Der 28-Jährige studiert an der Kunstakademie Düsseldorf. Trotzdem geht es in seinem Phloxgarten weniger um schöne Künste als um Politik. Mit dem Gemeinschaftsgarten möchte er Hand in Hand mit Bewohner:innen der Stadt eine gesellschaftliche Transformation anschieben. Wie das funktionieren soll, hat Kohlmetz theycallitkleinparis im Interview verraten.

Luca, du überschreibst dein Tun mit „Politische Kunst“. Kannst du das mal näher erläutern?
Meine Kunstwerke fokussieren die Probleme der Gesellschaft und sollen dazu anregen, Lösungen und Alternativen zu finden. Das ist eigentlich die grundlegende Idee der Politik, die ich auf eine kreative Weise behandle.

Welche Art von Projekten hast du in der Vergangenheit realisiert?
Bislang habe ich meiner Kritik an verbesserungswürdigen Zuständen mit einzelnen Skulpturen Ausdruck verliehen und so versucht, auf Missstände hinzuweisen. Nun erschien es mir aber angemessener, Probleme nicht nur aufzuzeigen, sondern in Aktion zu treten. Ich wollte Kunst machen, die nicht in Galerien hängt, sondern direkt bei den Menschen stattfindet.

Deine jüngste Arbeit „Common seeds (in the amount of x)“ ist eine einjährige Kunstperformance, eine Soziale Plastik. Und wie genau ist das Konzept? Und seit wann läuft das Projekt?
Da unser Handeln im Anthropozän zunehmend ökologische, ökonomische und soziale Konflikte verursacht, ist eine gesellschaftliche Transformation notwendig. Ich bin jedoch der Auffassung, dass Veränderungen in einem sozialen Gefüge aus dem Kleinen ins Große wandern müssen. Eine Umgestaltung und ein Umdenken kann nur funktionieren, wenn es von den Bürger:innen getragen wird. Also versuche ich – und viele andere auch – Veränderungen direkt vor Ort in der Stadt zu erzielen. „Common Seeds“ soll die Menschen und die Natur wieder enger zusammenbringen. Die Aktion möchte ein Verständnis dafür schaffen, wo unsere Lebensmittel herkommen und wie sie entstehen. Das Projekt läuft seit dem 1. Januar dieses Jahres und wird das gesamte Jahr über in der Stadt verteilt stattfinden.

Es geht dir dabei nicht um wahlloses Säen von Pflanzen, sondern um das Einbinden der Bewohner:innen der Stadt. Du möchtest ihnen verständlich machen, wie die Pflanzen funktionieren und wie man sie als Gemeinschaft pflegen und langfristig nutzen kann. Wie versuchst du, die Menschen für dein Projekt zu gewinnen?
Ich biete den Bewohner:innen an, sie mit Wissen und Tatkraft zu unterstützen. Beispielsweise verteile ich kostenloses Saatgut, stelle Initiativen meine Beete zur Verfügung und habe einen Gemeinschaftsgarten im Südpark ins Leben gerufen. Besonders in dieser Zeit, in der die Menschen merken, dass sie nichts mehr wirklich konsumieren können, steigt das Verlangen danach, der Natur wieder nahe zu sein.

Und wie schwierig gestaltet sich das, gerade in der momentanen Zeit, in der man ja Gefahr läuft, das Interagieren mit anderen Menschen im realen Raum zu verlernen?
Paradoxerweise gibt es wohl keine bessere Zeit für das Projekt. Das Projekt entwickelt sich zu einem Selbstläufer und die Gespräche, die wir führen, treiben das Umdenken bereits an. Die Bürger:innen haben großes Verlangen nach der Arbeit mit der Natur – und nach sozialen Zusammenkünften. Es ist ja in erster Linie ein soziales und soziologisches Projekt. Ich möchte niemandem Beete und Pflanzen vor die Tür setzen, sondern das alles soll miteinander geschehen.

Phloxgarten, Foto: Luca Kohlmetz

Teil des Projekts ist auch der sogenannte Phloxgarten im Südpark. Was genau darf man sich darunter vorstellen?
Der Phloxgarten war ein Teil der Bundesgartenschau. In diesem Garten standen vor Jahren Phlox-Stauden. Nun sind sie zwar nicht mehr dort, aber da der Ortsname historisch so gewachsen ist, haben wir ihn erhalten. Da der Garten nun mehrere Jahre ungenutzt blieb, hat es das Gartenamt ermöglicht, dort direkt bei den Menschen, einen Gemeinschaftsgarten zu eröffnen. Ich habe die grundlegenden Strukturen angelegt, damit Interessent:innen es leichter haben, loszulegen. Es wurden Beeren gepflanzt für die Besucher:innen, kleine Beete von den Gemeinschaftsgärtner:innen angelegt und Hochbeete aufgestellt. Wir pflanzen Gemüse und und säen insektenfreundliche Blumen aus. Erfahrene Gärtner:innen können helfen und Neulinge bekommen Tipps und Unterstützung. Neuen Phlox werden wir sicherlich auch pflanzen.

Ein Schild, das vor Kurzem dort aufgestellt wurde, weist auf dein Projekt hin. Haben sich daraufhin schon Leute bei dir gemeldet, die mitwirken möchten?
Wir sind bereits 20 Gärtner:innen und obwohl damit unsere Kapazitäten bereits ausgeschöpft sind, kommen wöchentlich neue Anfragen an. Manche möchten sich nur unterhalten, andere wollen etwas anpflanzen oder einfach nur gießen und zuschauen. Vor Ort selbst kommen wir mit sehr vielen Spaziergänger:innen ins Gespräch. Und genau das ist ja der Moment, an dem die Kunst stattfindet: Wenn man sich unterhält, gemeinsam gärtnert und neue Gedanken ins Rollen bringen kann.

Geplant sind wöchentliche offene Treffen, in deren Rahmen gemeinschaftlich gepflanzt, gepflegt und geerntet wird. Könnte sein, dass es noch eine Weile dauern wird, bis das möglich ist, oder?
Das Pflegen, Pflanzen, Gärtnern und Unterhalten hat bereits begonnen. Wir halten uns sehr genau an die Schutzverordnung. Dann trifft man sich auf Abstand, zu zweit und trägt medizinische Masken. Es ist schon möglich, dort aktiv zu sein und trotzdem verantwortlich zu handeln. Die offenen Treffen, zu denen jede:r eingeladen ist, den/die das Projekt interessiert, werden stattfinden, sobald es wieder gestattet sein wird. Informationen hierzu gibt es auf meiner Website.

Du nennst das Ganze zwar One-Year-Performance, aber das erste Jahr soll lediglich eine Art Initialzündung darstellen. Danach soll es weitergehen. Welches Ziel verfolgst du langfristig?
Nach dem Jahr sollen die Gemeinschaftsgärtner:innen im besten Fall ohne mich fortfahren. Ich möchte ja nicht wirklich darüber entscheiden, was genau getan wird, sondern nur dazu anstiften, etwas zu tun. Natürlich stehe ich immer für Fragen zur Verfügung und helfe weiterhin gerne. Das langfristige Ziel ist die Restrukturierung der Stadt. „Common Seeds“ kann sicherlich einen wichtigen Teil dazu beitragen, es wäre dennoch utopisch zu glauben, das Projekt alleine würde ausreichen. Es gibt glücklicherweise viele andere Initiativen in Düsseldorf wie das Saatgut-Festival, den VEN, das Ökotop, den zentralen Schulgarten, Platzgrün, Pro Düsseldorf und viele mehr. Nun ist es wichtig, zusammenzuarbeiten und weiterzumachen. Es sind schon neue Projekte in Planung und es werden meinerseits sicherlich weitere Aktionen folgen, die im öffentlichen Raum bei den Menschen und für die Umwelt stattfinden werden.

Schreibe einen Kommentar

*