Christian Fleischer (ZackBumm GmbH) im Interview – „Bei einer Zwischennutzung ist nichts berechenbar“

In den Düsseldorfer Hinterhöfen schlummert so manche architektonische Perle. Jüngstes Beispiel: das ERGO IPSUM. Die Räume auf der Herzogstraße dienten zuletzt einer Versicherung als Aktenlager. Nun hat das Aschenputtel-Dasein ein Ende: Kultur und Events ziehen ein, zumindest bis Ende Juli. Für die Zwischennutzung verantwortlich ist die ZackBumm GmbH, die bereits das postPost verantwortet hat. theycallitkleinparis hat mit Geschäftsführer Christian Fleischer gesprochen.

 

Schiebetür mit Mosaik-Fenstern, Foto: Lina Antonia Weichold

Am 15. Februar eröffnet ihr mit ERGO IPSUM eine neue Zwischennutzung in der Stadt. Wie muss man sich die Räume vorstellen?
Als eine besondere Mischung aus klarem, hellen Minimalismus und baulichen Charakteristika wie einem Glasdach, einer 16 Meter langen Schiebetür aus bunten Mosaik-Fenstern zur Herzogstraße hin und einem 8 Meter hohen Säulenraum. Als wir das erste Mal drin standen, war quasi jeder Zentimeter mit Möbeln zugestellt und in einigen Räumen sogar eine zweite Ebene eingezogen. Wir haben dankend abgelehnt. Nachdem der Mieter ausgezogen war, hat sich der Projektentwickler dann noch einmal bei uns gemeldet und wir konnten die Räume, so wie sie wirklich sind, besichtigen. Ab dem Zeitpunkt ging alles sehr schnell.

Wo befindet sich das ERGO IPSUM?
Direkt um die Ecke vom Fürstenplatz, auf der Herzogstraße 89. Die blau-grün-gelbe Mosaik-Fensterfront ist quasi das Erkennungszeichen. Alles Weitere erstreckt sich, typisch für die schönsten Orte in Düsseldorf, bis tief in die Hinterhöfe.

ZackBumm-Geschäftsführer Christian Fleischer, Foto: ZackBumm GmbH/Judith Wagner

Wie seid ihr an die Räume gekommen?
Wir haben konstant gesucht und uns viele Flächen in Düsseldorf angeschaut. Doch bei weitem nicht jeder leerstehende Raum eignet sich für eine Zwischennutzung. Das wirtschaftliche Investment ist hoch; Instandsetzung, Infrastruktur, Genehmigungsverfahren, Projektmanagement, Marketing. Trotzdem reizt uns der Anspruch, der dahinter steckt.

Wie lange dauerte die Planungsphase eurerseits, bevor ihr den Raum wirklich nutzen konntet?
Aus den Erfahrungen der letzten Male vergehen vom Pre-Check bis zur ersten Veranstaltung ungefähr zwei bis drei Monate. Eigentlich zu lange, aber wir werden immer effektiver, weil die Struktur bei uns steht und wir Prozesse gleichzeitig laufen lassen können. Natürlich immer mit der Gefahr im Nacken, dass wir die Genehmigung nicht bekommen. Das ist das Risiko, mit dem wir bei dieser Projektform rechnen müssen. Die Unterstützung in der Bauaufsicht und bei der Feuerwehr in Düsseldorf könnte allerdings besser nicht sein. Man hat hier verstanden, wie gut derartige Projekte für die Stadt sind, und prüft gewissenhaft und ebenso detailliert.

Es waren einmal… Akten, Foto: ZackBumm GmbH/Lina Antonia Weichold

Was gilt es in so einer Phase alles zu checken?
Es gibt einen Grundplan, was man machen muss, aber das Aufregende an unserem Job ist, dass immer etwas Neues aufpoppt. Bei der postPost bin ich zum Spezialisten für den Bereich Gas/Wasser/Scheiße geworden, was lustiger klingt, als es teilweise war. Ansonsten erst einmal das Basisprogramm: Für welche Konzepte lassen sich die Räume generell nutzen? Welchen Bedarf gibt es in Düsseldorf? Welche Infrastruktur bietet das Gebäude noch? Was müssen wir temporär erzeugen? Schönheitsreparaturen, Brandschutzkonzept, Immissionsgutachten. Auch einen klassischen Business- und Marketingplan braucht es, denn auch viele kleine Einzelposten können am Ende das Projekt unattraktiv machen.

Für die Leser ohne humanistische Bildung: Was hat es mit dem Projektnamen auf sich?
ERGO IPSUM entstand aus einer sprachlichen Vereinigung aus der vorherigen Nutzung und dem lateinischen Begriff für Platzhalter. Das Gebäude wurde zuletzt von der ERGO Versicherung als Aktenlager genutzt und zuvor als Büro und Lebensmittellager der Firma Kaffee-Reichelt.

Ihr startet am 15.2. mit dem 4-jährigen Jubiläum der Reihe „Creative Mornings“. Wer wird dort zu Gast sein?
Die Vortragenden sind Julia Furtmann und Kai Hoffmann (Open Studio), zugleich Namensentwickler und Gestalter des Auftritts von ERGO IPSUM. Sie sprechen zum Thema Symmetrie und darüber, welche Rolle diese für kreative Arbeit spielt. Zudem gibt es große Projektionen des Düsseldorfer Illustrators Stephan Lomp, den wir sehr schätzen.

Und welche Veranstaltungen sind ansonsten noch in den Räumen geplant?
Das Marketing hat erst vor drei Wochen begonnen. Seitdem haben wir jeden Tag mehrere Besichtigungen für die unterschiedlichsten Formate von Design-Markt, Flohmarkt über Messe, Kongress bis hin zur Kunst-Ausstellungen und Installationen. Die finalen Absprachen laufen. Der Andrang ist größer als erwartet. Vielleicht auch, weil im Vergleich zur postPost die Größe nicht überfordert. Die 2.600 Quadratmeter sind gut strukturiert und jede Veranstaltungsgröße findet hier für sich den richtigen Raum.

Was habt ihr generell aus dem Projekt postPost gelernt?
Dass bei einer Zwischennutzung nichts berechenbar ist und man ein unfassbar gutes Team braucht, das sehr strukturiert arbeitet und auch mal bereit ist, an seine Grenzen zu gehen. Mal ist man Bauarbeiter, mal Hausmeister, mal Projektmanager, mal Genehmigungsspezialist, mal Künstlerbetreuer, mal Gastronom, mal Sicherheitspersonal, mal Marketingbeauftragter. Das sind viele Anforderungen, die auf wenige Personen zutreffen müssen, damit sich das Risiko rechnen kann.

Wird es im ERGO IPSUM ähnlich wie im postPost auch Arbeits-/Atelierräume geben?
Leider nein. Das Gebäude ist nicht entsprechend strukturiert. Wir betreuen jedoch aktuell die Zwischennutzung LKArt Studios in der Völklinger Straße. Dort haben wir nach der postPost neue Ateliersflächen geschaffen. Allerdings sind diese von Beginn an komplett belegt.

Die Bespielung der Räume an der Herzogstraße soll bis Juli dauern. Ist das Ende fix oder kann es sich noch nach hinten verschieben?
Das ist eine schwierige Frage. Wir wünschen dem Projektentwickler selbstverständlich, dass alles nach Plan verläuft und dann wäre der 31. Juli unser letzter Tag. Allerdings habe ich es bisher in der Baubranche noch nicht erlebt, dass ein Plan auf den Punkt gepasst hat, denn es sind zu viele Faktoren, die den Prozess beeinflussen und die sich schlecht überblicken lassen. Wir hoffen also auf ein bis zwei Monate mehr.

Lohnt sich eine Nutzung für einen derart kurzen Zeitraum überhaupt?
Wenn du finanziell meinst, dann können wir das natürlich erst am Ende der Zwischennutzung beantworten. Wenn du es idealistisch meinst, dann auf jeden Fall, denn die Anfragen sind so zahlreich, dass wir fast nicht nachkommen.

Was passiert im Anschluss mit den Räumen?
Zukünftig plant die Blackbear Real Estate GmbH hier die Weiterentwicklung des Gebäudes zu Bürolofts. Wir überlegen, ob das ein neuer Ort für ZackBumm sein könnte, wobei wir unsere Räume im Hinterhof Flingerns auch sehr lieben. Wir werden sehen.

ERGO IPSUM, Herzogstr. 89, Düsseldorf

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