Annette Krohn im Interview – „Ungelesene Bücher machen mich nervös“

Lesen lässt es sich am besten zuhause, könnte man meinen. Wären da nicht die vielen anderen Dinge, die einen von der Lektüre abhalten. Fenster, die geputzt werden müssen. Ein Anruf, der entgegenzunehmen ist. Die Steuererklärung. Probleme, die man nicht hat, wenn man sich mit dem Buch der eigenen Wahl ins damenundherren begibt. Dort findet am 10. April die erste Silent Reading Party statt. Getanzt wird allerdings definitiv nicht, wie Annette Krohn im Interview mit theycallitkleinparis verrät.

Am 10.4. veranstaltet ihr im damenundherren die erste „Silent Reading Party“. Wann warst du das letzte Mal auf einer geräuschlosen Party?
Ich war noch nie auf einer.

Konkret gefragt: Warum labelt ihr das Ganze mit „Party“? Es hätte ja auch „Silent Reading Afternoon“ oder ähnlich heißen können.
Das Konzept wurde nicht von uns erfunden, wir übernehmen es quasi aus Städten, wo es schon gemacht wird, das gilt auch für den Namen. Übrigens, die Idee und der Wunsch, das in Düsseldorf zu organisieren, stammt von Reiner Frey. Der damenundherren e. V. ist ein offener Raum für Ideen aus der Stadt und so haben wir Reiners Idee aufgegriffen und setzen sie um. Ich bin lediglich die Patin, also verantwortlich für die Orga der Durchführung. Unter einer Party stellt man sich wohl am ehesten das Zusammentreffen von Leuten vor, die feiern – klar, meist ist das mit Musik und Tanz verbunden. Wir feiern die Stille und natürlich die Literatur, denn im Mittelpunkt steht die Ruhe zum Lesen.

Wie genau ist das Konzept der Veranstaltung?
Das ist schnell erklärt: Wir bieten einen ruhigen Raum mit entspannter Cafe-/Baratmosphäre und hoffentlich ausreichend bequemen Sitzplätzen. Das Interesse scheint groß zu sein, also wenn jemand noch einen eigenen Sitzsack mitbringen mag, wäre das großartig. Jeder kann von 16 bis 18.30 Uhr kommen und findet garantiert Möglichkeit zur gemeinsamen, konzentrierten Lektüre. Wobei natürlich die Lektüre von jedem selbst mitgebracht werden muss.

Warum sollte man, um zu lesen, das Haus verlassen? Funktioniert das nicht am besten zuhause?
Das ist eine sehr berechtigte Frage. Ich persönlich lese überall: auf dem Klo, in der Bahn, zu Hause, unterwegs…eigentlich immer, wenn es möglich ist. Aber von vielen Freunden höre ich immer öfter, dass sie nicht mehr zum Lesen kommen, oder sich einfach nicht länger auf ein Buch konzentrieren können. Die gemeinsame Fokussierung soll da als eine Art freiwillige Disziplinierung funktionieren. Das heißt: Wenn der oder die andere liest, dann macht man das auch. Ich kenne das von Lernsituationen in der Unibibliothek. Zu Hause fängt man dann doch wieder plötzlich an, die Fenster zu putzen, es klingelt an der Tür, eine Freundin ruft an und so weiter. Kurz: Es geht auch um die Vermeidung von Ablenkungen.

Beim Lesen lässt es sich, ähnlich wie beim Fernsehen, prima snacken. Was habt ihr im damenundherren an Verpflegung parat?
Oh, das wird unseren Mitteln entsprechend bescheiden, also etwas Knabberzeug zum Wein oder Bier und Kekse zum Kaffee – kein umfangreiches Catering oder so.

Als ich vor einigen Monaten mit Axel Kopp, damals noch Mitglied des damenundherren e. V., sprach, forderte er „mehr Raum für Remmidemmi“. Wie sieht es diesbezüglich aus? Oder darf man die „Silent Reading Party“ als Kapitulation eurerseits verstehen?
Nein, mit Kapitulation hat das nichts zu tun. Wir haben im übrigen auch ein „Silent Concert“ in Planung. Vielmehr machen wir aus der Not eine Tugend und gehen mit Beschränkungen kreativ um. Die aktiven Mitglieder des damenundherren e. V. entscheiden, was passiert und wie es passiert. Wir haben im März auch wieder mit großem Erfolg ein Konzert mit anschließender Party im zakk organisiert. Das heißt, Live-Konzerte und laute Aktionen werden sicher weiterhin vom damenundherren e. V. Organisiert, nur eben nicht im eigenen Vereinsheim auf der Oberbilker Allee.

Gerade hat mit dem Stern-Verlag Düsseldorfs bestsortierte Buchhandlung geschlossen. Wie denkst du darüber?
Für mich war sie ganz ehrlich nicht die bestsortierte Buchhandlung in Düsseldorf, ich habe mich dort oft schlecht beraten gefühlt und bin nicht mehr hingegangen. Offensichtlich gab es dort kein zukunftsfähiges Konzept. Meine liebste Buchhandlung ist BiBaBuZe in Bilk, weil es dort die beste fachliche Beratung gibt und einen guten Kaffee bei der Auswahl der Bücher. Auch andere, kleine Buchhandlungen wie die Buchhandlung Rath in Wersten, die Regenbogenbuchhandlung in Flingern, Müller & Böhm in der Altstadt oder die Hörbuchhandlung auf der Nordstraße zeigen, dass der Buchhandel außerhalb der großen Ketten noch funktioniert. Mir persönlich wird der Stern-Verlag nicht fehlen, grundsätzlich bedaure ich aber immer, wenn eine Buchhandlung schließen muss.

Welches Buch liegt schon viel zu lange ungelesen bei dir herum?
Keins, ungelesene Bücher verschenke ich nach einer Weile weiter. Sie machen mich sonst nervös.

Dein persönlicher Lieblingsplatz zum Lesen?
Die Hängematte auf meinem Balkon, idealerweise bei Sonnenschein.

Welche Bücher stehen momentan auf deiner To-read-Liste?
Oh, das sind einige. Benjamin von Stuckrad-Barre: „Panikherz“, Mary McCarthy: „Die Clique“, Jan Böttcher: „Y“, Jaroslav Rudis: „Nationalstraße“, Vendela Vida: „Des Tauchers leere Kleider“, Ann Cotten: „Verbannt!“

10.4., 16-20 Uhr, Silent Reading Party, damenundherren, Düsseldorf

1 Kommentar

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Ich bin immer sehr gut im Stern Verlag bedient und beraten worden und bedaure es sehr,dass e sihn nicht mehr gibt. So ist mit dem nicht mehr vorhandenen Stern Verlag für mich ein Stück Düsseldorf“gestorben“.

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