Am 9. Juni 2024 eröffnet mit „The Park as Lover“ die fünfte Ausgabe des Lantz’scher Skulpturenpark, ein Projekt der Kunstkommission Düsseldorf. In dem von Katharina Klang konzipierten, drei Monate andauernden Ausstellungs-, Performance- und Veranstaltungsprogramm begegnet den Besucher:innen der Lantz’sche Park in Lohausen aus der Perspektive seiner nicht-menschlichen Bewohner:innen und Kräfte als gleichwertiges Gegenüber – als Liebende:r. Zwölf internationale wie lokale Künstler:innen reagieren auf abgrenzende Setzungen wie Natur / Kultur, Tier / Mensch, Mann / Frau mit spielerischen Haltungen und nehmen die symbiotischen Beziehungen sowie die schöpferischen und transformatorischen Fähigkeiten aller Wesen in den Blick. In diesem Gegenentwurf zu westlichen Vorstellungen und Praktiken stehen eine umfassende Verwandtschaft aller Spezies und ein Denken aus mehreren Perspektiven, die die Befragung asymmetrischer Machtstrukturen einschließt, wie sie in europäischen Landschaftsgärten Ausdruck finden.
Die Bildhauerin Zuzanna Czebatul fordert die Blickregime einer Machtsymbolik des öffentlichen Raums heraus. In ihren Skulpturen macht sie hegemoniale Ansprüche sichtbar und wandelt sie in humorvolle Gesten um. Gerrit Frohne-Brinkmann verfolgt die Idee eines zeitgenössischen Animismus und untersucht popkulturelle Inszenierungsstrategien nach ihrer illusorischen Wirksamkeit. Keta Gavasheli widmet sich den theatralischen Handlungen zwischen den Spezies auf installativer wie performativer Ebene und verwebt die unterschiedlichen Zeitlichkeiten mit Vorstellungen davon,
wie Performances jenseits des Menschlichen gedacht werden können. Gleichfalls ausgehend von nicht-menschlichen Imaginationen haben Asli Hatipoğlu, Richard Frater und Lilli Lake ihre Werke für „The Park as Lover“ konzipiert. Während die über die Dauer der Ausstellung anwachsenden Kombucha-Häute von Asli Hatipoğlu die Bewegungen der Insekten, der Pflanzen, des Windes, des Regens und der Besucher:innen als malerische Gesten speichern, führt uns die Arbeit von Richard Frater in das komplexe Kommunikationsgeflecht von Vögeln ein. Lilli Lake denkt den Park als atmendes Wesen und untersucht in ihrer installativen wie performativen Praxis die schöpferischen und intimen Qualitäten von Luft und Klang. Rosilene Luduvico, Takeshi Makishima und Poncili Creación widmen sich dem Wechselspiel aus widerständigen und versöhnlichen Gesten der Natur. Rosilene Luduvico und Takeshi Makishima suchen für ihre malerischen Experimente gezielt Flächen im Park auf, wo der Mensch aufgehört hat, sie zu gestalten. Das Kollektiv Poncili Creación sprengt mit seinem improvisatorischen Puppenspiel die Vorstellung theatralischer Rahmenbedingungen und verfolgt ein Konzept der radikalen Offenheit und Prozesshaftigkeit, das in seinen Aktionen partizipativ und sekündlich neu verhandelt wird. Um das Potential von Geschichten und das Ringen um Narrative geht es in den Werken von Lin May Saeed, Katja Tönnissen und Hedda Roman. Hedda Romans KI-generiertes Wesen Old-Boy begegnet uns im Park als fluider „Schmuckeremit“ und fragt, wie wir wirksame Narrative für das noch nicht in allen Ausmaßen Eingetroffene – die Konsequenzen der Klimakrise – etablieren können. Lin May Saeed bezieht sich in ihren Werken häufig auf Geschichten von menschlicher und tierischer Koexistenz und ersehnt die respektvolle Begegnung zwischen den Spezies. Die Wasserstelle aus dem Gilgamesch-Epos wird durch Mulde zum Symbol einer menschlich-tierischen Wiedervereinigung. Katja Tönnissen knüpft mit ihrer Bar für Menschen und Tiere, die zu Veranstaltungen aktiviert wird, humorvoll an diesen Gedanken an.
Ein Höhepunkt der Ausstellung ist ein „Ecosexual Walking Ritual“ mit Annie Sprinkle und Beth Stephens am 22. Juni 2024, um 15 Uhr. Gemeinsam mit einem diversen Netzwerk aus Aktivist:innen, Theoretiker:innen, Künstler:innen und Performer:innen werden sie einen ökosexuellen Spaziergang und ein Hochzeitsritual durchführen. Der Titel „The Park as Lover“ bezieht sich auf die Performancereihe „The Earth as Lover“ der kalifornischen Performancekünstlerinnen. Seit 2008, als gleichgeschlechtliche Ehen in den USA noch nicht legal waren, heirateten sie einander öffentlich und luden die Erde ein, ihre Geliebte zu werden. In Anlehnung an ökofeministische Diskurse, die von Verbindungen zwischen der Beherrschung von Frauen, marginalisierten Personen und der Natur ausgehen und somit die nicht-menschliche Umwelt in politische Kämpfe einschließen, zielen sie darauf ab, Umweltschutz lustvoll und unterhaltsam zu gestalten. Diese fiktive Vermählung verschränkt intersektionalen queer-feministischen Aktivismus mit dem Versuch, nicht-menschliche Entitäten mit unserem Rechtssystem auszustatten. Auf dem Nährboden dieser gleichberechtigten Beziehung wird im Lantz’schen Park ein spielerisches Experimentierfeld erwachsen, das den Park als liebevolle, kollektive, interdisziplinäre sowie sensible Raumforschung porträtiert.
„The Park as Lover“ wird durch das umfangreiche Rahmenprogramm „Point of Views“ ergänzt und bindet in zahlreichen Veranstaltungen nicht-menschliche Perspektiven und Schöpfungsakte ein, die kosten- und barrierefrei zugänglich sind. Neben außergewöhnlichen Führungen wie etwa What the Trees are Telling mit Arborist Alexander Wezel, der die Geschichte des Parks aus der Perspektive der Bäume erzählt, werden Eve Jazmati, Asli Hatipoğlu und Justus Otremba Living Archives in Form von Bierbrau- und Fermentationsworkshops entstehen lassen. Am 16. August um 20:30 Uhr stimulieren die Saxophonklänge von Künstlerin und Musikerin Sofia Magdits Espinoza die Puppen des puerto-ricanischen Kollektivs Poncili Creación. Eine Sound-Performance von Lilli Lake vollzieht eine Reinterpretation antiker Geschichten am 27. Juli und zur Finissage am 15. September.
10.6. bis 15.9.2024 „The Park as Lover“, Lantz’scher Park, Lohauser Dorfstraße 51, Düsseldorf, durchgehend geöffnet
Eröffnung: 09. Juni 2024, 14:00 – 18:00 Uhr
Zur Eröffnung wird es Fermented Drinks – ein Workshop mit der Künstlerin Asli Hatipoğlu geben. Im Anschluss folgt mit „Reading to Plants“ eine performative Lesung mit Künstlerin Keta Gavasheli, begleitet von Dylan Maquet und endet mit einem DJ-Set von Nikolai Szymanski.