Stefan Schwander im Interview – „Üben, üben, üben“

Ein liebes Kind hat viele Namen, hat die Oma einer Freundin immer gesagt. Wenn dem so ist, muss Stefan Schwander ein ziemlich braver Bub gewesen sein. Seit einem Vierteljahrhundert macht der Düsseldorfer unter unterschiedlichen Pseudonymen elektronische Musik. Für die jüngsten Tracks hat Schwander nun einmal mehr einen neuen Künstlernamen ersonnen: While My Sequencer Gently Weeps. Wie es dazu kam und welche seine liebsten Eissorten sind, hat der Musiker theycallitkleinparis im Interview erzählt.

Stefan, Du hast in den vergangenen 25 Jahren unter diversen Pseudonymen Musik veröffentlicht. Antonelli Electr., Repeat Orchestra oder Harmonious Thelonious. Wann wählst du für neue Tracks einen neuen Namen?
Ein neuer Name kommt dann ins Spiel, wenn sich an der musikalischen Herangehensweise etwas ändert. Für die jüngsten Aufnahmen habe ich ein neues Instrument genutzt, die Monomachine. Auch das Schreiben der Musik war anders als sonst bei mir, dieses mal standen Akkorde, Harmonien und Harmoniewechsel am Anfang. Wenn mir dann noch ein neuer Projektname einfällt, ich tue mich damit aber ehrlich gesagt immer schwerer damit, dann ist es Zeit für was Neues.

Dein jüngstes Pseudonym While My Sequencer Gently Weeps, unter dem die Mini-LP „Emotional Icecream“ erschienen ist, ist die Abwandlung eines Songtitel der Beatles. Welches Verhältnis hast du zu der Band aus Liverpool?
Meine erste intensive Begegnung mit den Fab Four hatte ich, als ein Freund mir für die Ferien seine wertvolle Beatles-Cassette ausgeliehen hat, die ich rauf und runter gehört habe. Nach der Erfahrung war nichts mehr so wie vorher.

Wie würdest du den Sound von While My Sequencer Gently Weeps, auch im Unterschied zu deinen anderen Projekten, beschreiben?
Ausgehend von emotionaleren Akkorden und einem reduzierten Beat, einer tiefen Dub-Bassline gemixt mit etwas Pop-Appeal ist die Anmutung insgesamt etwas schöngeistiger als die polyrhythmischen Ansätze von Harmonious Thelonious. Ich weiß allerdings nicht, ob diese Eckpunkte für andere so ins Gewicht fallen. Wahrscheinlich sind die Unterschiede gar nicht so groß, wie ich mir das denke und ausmale. Ich habe immer eine Idealvorstellung eines Tracks im Kopf, den kriegt man aber meistens gar nicht zusammen programmiert. Bei der neuen Platte hat das für mich beim Track „Emotional Icecream“ am ehesten funktioniert.

„Emotional Icecream“ ist ein großartiger Titel. Der Start der Eissaison steht ja kurz bevor. Verrätst du uns deine liebste Sorte und deine favorisierte Eisdiele in Düsseldorf?
Schoko und Haselnuss von Eiscafé Adria direkt gegenüber von unserer Wohnung. Das Eiscafé wurde übrigens vor Kurzem zur Pizzeria erweitert. Das können sie auch sehr gut. Anfangs haben sie auf dem Schild vor dem Laden mit dem Slogan „Ziemlich gute Pizza“ geworben. Leider ist das Schild mittlerweile nicht mehr da.

Zurück zur Musik: Du bist ja seit vielen Jahren Bestandteil der Düsseldorfer Musikszene. Derzeit dokumentiert die Ausstellung „Electro – Von Kraftwerk bis Techno“ im Kunstpalast die Einflüsse der Menschmaschinen. Hast du die Ausstellung besucht?
Noch nicht, ist aber eingeplant. Habe aber die begleitenden Filme dazu gesehen, vor allem „Sisters with Transistors“ über Frauen in der elektronischen Musik fand ich sehr gut.

Wie wichtig waren Kraftwerk für dich persönlich als Einfluss?
Sie waren natürlich schon sehr präsent. Wenn man im Ausland erzählt, man kommt aus Düsseldorf, dann kommt man häufig auf Kraftwerk zu sprechen und ist irgendwie auch stolz darauf. Aber am Wichtigsten ist für mich das Musikalische, die unglaubliche Raffinesse beim Arrangement der Stücke, mit so vielen verrückten Ideen. Die sind bis heute unerreicht und ich kann gut akzeptieren, dass nichts Neues mehr kommt. Ich höre auch am Liebsten die alten Originalaufnahmen, da klingen die Bassdrums so schön cheap und pappig. Die zig mal neu gemasterten Versionen haben nicht so den Charme.

Du machst seit vielen Jahren ausschließlich elektronische Musik. Hast du als Kind eigentlich Musikunterricht gehabt?
Ich hatte Klavierunterricht bei der gutmütigen Frau Glattacker, die ausdauernd jede Woche die gleichen drei Worte ins Aufgabenheft geschrieben hat: üben, üben, üben. Immerhin hab ich soviel an Fähigkeit herübergerettet, dass ich selber einfache Klavierstücke schreiben konnte, die dann mit meiner Band Bad Examples zum Leben erweckt wurden. „I always liked simple rock“, damit wurde John Lennon auf dem ersten Fehlfarben-Album zitiert. Ich würde für mich persönlich das „rock“ durch „music“ ersetzen.

Und spielst du heute noch ab und zu Klavier?
Ja, auf dem Wurlitzer E-Piano spiele ich hin und wieder die alten Bad Examples-Stücke. Am Klavier viel zu selten ein, zwei Bach-Präludien, die ganz einfachen. Aber selbst bei denen komme ich schon ins Schwitzen.

Deine Musik präsentierst du überwiegend im Club-Kontext. Wie waren die vergangenen zwei Jahre seit Beginn der Corona-Pandemie für dich? Hast du wie so viele Kollegen digitale Formate ausprobiert?
Bis auf zwei Engagements war ich nicht außerhalb meiner Studiowände aktiv. Innerhalb der Studiowände aber umso mehr. Es wird in absehbarer Zeit eine neue A Rocket in Dub-Platte geben. Die digitalen Formate haben mich nicht so überzeugt, deswegen habe ich das auch gelassen.

Wirst du deine neuen Tracks demnächst live präsentieren – in Düsseldorf oder anderswo?
Ich hoffe schon, dass sich bald wieder Möglichkeiten ergeben, am liebsten natürlich im Salon des Amateurs. Schon jetzt freue ich mich auf das Festival Ende Mai auf der Insel Hombroich, veranstaltet von Miki Yui und Stefan Schneider. Da landet die Friedensrakete in Dub und lässt den Bass wummern.

„Emotional Icecream“ von While My Sequencer Gently Weeps ist bei ASAFA erschienen.

Schreibe einen Kommentar

*