Wong Ping bei Capri. Hochgradig bizarr

Wong Pings Retro-Pop-Märchen sehen auf den ersten Blick harmlos aus. Erinnern in ihrer Ästhetik an ein Computerspiel. Oder eine asiatische Süßigkeit, wie man sie in den Supermärkten rund um die Immermannstraße erwerben kann. Knallbunt kommen die Farbwelten des Künstlers daher, Cartoon-artig seine Figuren. Die Botschaften, die er damit übermittelt, haben es allerdings in sich.

In seinen Video-Animationen zeigt Ping die dunkelsten Seiten einer Gesellschaft im Wandel auf. Seine Themen: Unterdrückte Sexualität, zwischenmenschliche Beziehungen und politische Zwänge. Dabei verarbeitet der Künstler Eindrücke seiner Kindheit und Jugend. Letztere verbrachte er in Hong Kong, wo er 1984 geboren wurde und bis heute lebt und arbeitet. Nach der Schule studierte er in Australien Mediendesign, was seine künstlerisches Schaffen ebenso beeinflusste wie die Ästhetik von Videospielen. Ping arbeitete bei einem lokalen Fernsehsender Hong Kong. Parallel zu seinem Job verfasste er Kurzgeschichten, die er zunächst auf seinem Blog veröffentlichte, später in Form von Video-Animationen umsetzte und seit 2010 auf YouTube öffentlich macht. Nach ersten Ausstellungen in Hong Kong und Shanghai, war Wong Ping 2018 auch an zwei Gruppenschauen in New York beteiligt. Ab dem 16. November ist sein Werk unter dem Titel „Who‘s the Daddy?“ nun erstmals in Düsseldorf zu sehen – in dem nichtkommerziellen Ausstellungsraum Capri auf der Ackerstraße, der von den Galeristen Nina Höke und Alexander Sies betrieben wird.

Der Titel der Schau ist von der gleichnamigen Video-Animation geliehen, die wiederum auf einem chinesischen Kinderreim basiert. Auch die verspielte Optik vermittelt zunächst Infantilität. Doch die Unschuld wird konterkariert von dem düsteren, dystopischen Unterton der Erzählung: Darin schildert ein Mann, wie er über eine Dating-App an eine streng religiöse Frau gerät, mit der er eine Beziehung eingeht – nur um festzustellen, dass er Befriedigung allein aus seiner eigenen Unterwerfung ziehen kann. In seiner Machtlosigkeit folgt er ihren perversen Gelüsten und übernimmt schließlich die Rolle des alleinerziehenden Vaters.
Die Rolle der Mutter ist parallel in der Licht-Box versinnbildlicht: „Mammy“ ist ein psychedelisch anmutendes Porträt einer Mutter mit Kind. Das Baby hängt noch an der Nabelschnur, von der Blut herabtropft. Die Mutter ist ein Monster mit Brüsten, auf deren Brustwarzen Strohhalme stecken. Beides wirkt wie überhaupt alle Animationen des Künstlers: hochgradig bizarr und künstlich.

Eines der wiederkehrenden Themen bei Wong Ping ist die Kontrolle von natürlichen Prozessen, Trieben und Träumen. „Who’s the Daddy“ zielt nicht nur auf unterdrückte Gefühle, die Schuld und Scham hervorbringen, sondern auch auf das Leiden, das daraus entsteht ab. Dennoch sind seine Filme keine bloßen Dystopien. Ihr Humor und ihre Ehrlichkeit haben vielmehr etwas zutiefst Menschliches: Selbst die abgründigsten Sehnsüchte, Neurosen und Erniedrigungen seiner Protagonisten kommen einem bekannt vor. Wo sie sich selbst für ihre Fehler verurteilen, entsteht beim Betrachter Mitgefühl.

Wong Ping „Who’s the daddy?“: 16.11. bis 26.1., Capri, Ackerstr. 26, Düsseldorf; geöffnet Sa 12-15 Uhr, Eröffnung: 16.11., 18-21 Uhr

 

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