theycallitkleinbukarest #8

Komische Vögel

Bis zu meiner Reise nach Rumänien kannte ich eigentlich nur einen einzigen Ornithologen. Meinen Vater. Vor Ort stellte ich fest: Es gibt unglaublich viele Exemplare der Spezies Vogelfreund und es handelt sich keinesfalls ausschließlich um Herren im Rentenalter. Das Donaudelta im Südosten Rumäniens, zwischen der Ukraine und Bulgarien, ist ein Mekka für Vogelkundler. Allein die Reise dorthin ist einigermaßen beschwerlich. Von Bukarest aus fährt man zunächst einmal fünf Stunden mit dem Bus nach Tulcea. Von dort aus geht es einmal täglich per Boot weiter, die meisten Dörfer im Delta sind nämlich nicht ans Straßennetz angeschlossen. Nach zweieinhalb Stunden auf dem mittleren der drei Donauarme erreicht man Crişan. Ein Dorf. 500 Einwohner. Ein kleiner Laden mit einem Warensortiment, wie ich es noch aus dem Moskau der frühen 1990er Jahre erinnere. Von Crişan aus starten täglich vogelkundliche Exkursionen über die unzähligen Wasserstraßen im Delta. Mit uns gehen um 9 Uhr morgens sieben Franzosen an Bord, dazu Kati und ihre Enkelin Lina. Alle sind perfekt ausgerüstet. Outdoormontur. Kopfbedeckung. Fernglas. Vogelbestimmungsbücher. Unser Bootsführer Lucian spricht neben rumänisch gut französisch und englisch. Er erspäht jeden Flattermann als erster – und das, Kunststück, ohne Fernglas. „A la droite un… “ ruft er aufgeregt und alle Ferngläser schwenken tout de suite nach rechts. Finger zeigen wahlweise in den Himmel, auf Bäume oder ins Schilf. Nun muss nur noch die Namensfrage geklärt werden. Vogelbestimmungsbücher werden herumgereicht. Franzosen versuchen sich an der Aussprache von „Eisvogel“, „Graureiher“ oder – ganz köstlich – „Säbelschnäbler“. Wir machen mit unseren maroden Französisch-Kenntnissen eine kaum bessere Figur. Sieben Stunden sind wir auf dem Wasser und zwischendurch mit dem Pferdefuhrwerk unterwegs. Ganz zum Schluss, als wir schon wieder auf dem breiten Donauarm schippern, treffen wir die Könige des Deltas: Pelikane. Zwei Arten von ihnen kommen hier vor. Der Krauskopfpelikan. Und der Rosapelikan. Wir sehen sie beide. Ein glücklicher Tag. Leider konnte ich das Glück nicht standesgemäß im Bild festhalten. Es fehlte das Teleobjektiv. Trotzdem: Der dunkle Punkt, den man am blauen Himmel erkennt, ist ein Seeadler.

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