Adrian Jokisch im Interview – „Wichtig ist, dass vegan keine Ersatzreligion wird“

Als seine Frau 2012 Vegetarierin wurde, agierte Adrian Jokisch noch wenig sensibel. Kurz darauf ließ er selber das tote Tier links liegen. Mittlerweile ist er sogar Veganer. Als solcher organisiert er zwei Mal im Jahr MAMPF. Bevor am 29. Mai die dritte Ausgabe startet, hat theycallitkleinparis mit dem werdenden Vater gesprochen.

Adrian, die Grillsaison ist in vollem Gange. Erinnerst du dich noch an die letzte Wurst, die du gegessen hast?
Um ehrlich zu sein, erinnere ich mich noch relativ genau, wenn auch nicht unbedingt an den Geschmack. Es war ziemlich genau vor vier Jahren, als die letzte EM stattgefunden hat. Da haben wir eigentlich jeden Tag irgendetwas auf den Grill gelegt…

Und mit welchem Gefühl denkst du daran zurück? Ekel?
Nun ja, die Zeit zurückdrehen kann ich eh nicht mehr. Ich weiß aber, dass ich mich nach so ziemlich jedem Essen während der EM unfassbar platt und müde gefühlt habe. Ekel empfinde ich auf jeden Fall heute, wenn ich mir jetzt vorstelle einen toten Kadaver essen zu müssen. Am schlimmsten ist der Geruch, wenn ich an einer Metzgerei vorbeigehe – das finde ich absolut widerlich.

Seit wann ernährst du dich vegan?
Vegetarisch ernähre ich mich seit Sommer 2012 und vegan war dann so ein schleichender Prozess in den darauffolgenden Monaten.

Gab es einen konkreten Auslöser dafür, dass du dein Essverhalten umgestellt hast?
Zuerst ist meine Frau Maria im Frühjahr 2012, nachdem sie verschiedene Bücher gelesen hatte, auf vegetarisch umgestiegen. Zu Beginn habe ich sie belächelt und gesagt ‚Das Fleisch, was du jetzt nicht isst, schmeiße ich mir auf den Teller‘. Das war nicht sonderlich rücksichtsvoll von mir. Eines Abends habe ich dann die Dokumentation „Wände aus Glas“ von Sir Paul McCartney für PETA gesehen und hatte Tränen in den Augen. Da habe ich mich schon gefragt, wie ich so ignorant und blind sein konnte. Über den Sommer und Herbst habe ich dann weitere verschiedene Filmbeiträge gesehen und für mich beschlossen: Jetzt reicht’s, das will ich nicht mehr!

Am 29.5. organisierst du unter dem Titel MAMPF ein veganes Sommerfest im zakk. Was unterscheidet die Veranstaltung – abgesehen davon, dass keine tierischen Produkte angeboten werden – von einem herkömmlichen Food Festival?
Wir würden uns definitiv nicht als reines Food Festival bezeichnen, da es weit mehr als nur verdammt leckeres, veganes Essen beim MAMPF gibt. Klar, der Titel impliziert natürlich in erster Linie Essen, aber bei uns haben sowohl Upcycling- und Klamotten-Labels als auch Umwelt- und Tierschutzorganisationen ihren Platz. Das ist uns auch wichtig. Für viele ist das Beschäftigen mit der eigenen Ernährung ja auch nur der erste Schritt. Dann folgt die Frage ‚Warum trage ich eigentlich noch Leder oder Wolle?‘. Und irgendwann ist eventuell Ökostrom ein Thema.

Wie waren die Reaktionen auf die ersten beiden MAMPF-Ausgaben?
Wir haben unfassbar viele positive Reaktionen erhalten – sowohl von Besuchern als auch von unseren Ausstellern! Oft haben wir zu hören bekommen, dass die Stimmung eine ganz besonders tolle sei – was uns natürlich sehr freut, da wir extrem viel Liebe und Herzblut in MAMPF stecken. Viele Außenstehende wissen ja auch nicht, dass wir die Veranstaltungen neben unseren eigentlichen Berufen organisieren. Das kostet gerade in den Wochen vor einer Veranstaltung extrem viel Kraft und Nerven. Dass auch mal was schief läuft, kann passieren. Wir versuchen aber auf jeden Fall immer wieder ein paar Kleinigkeiten zu optimieren und anzupassen. Wichtig ist, dass alle mit einem Lächeln nach Hause gehen.

Bist du, was deine eigene Ernährung angeht, ein Hardliner oder drückst du auch schon mal ein Auge zu?
Als Hardliner sehe ich mich selbst nicht, auch wenn ich keine Ausnahme bei meiner Ernährung mache. Wobei wahrscheinlich so ziemlich jeder, der sich vegan ernährt, auch schon mal versehentlich etwas Tierisches gegessen hat. Wichtig ist, dass vegan keine Ersatzreligion wird. Viele bezeichnen ja Veganer beispielsweise aufgrund ihrer Einstellung als extrem oder fanatisch. Ich würde hingegen eher sagen, dass die meisten, die sich bewusst für vegan entscheiden, einfach nur konsequent sind. Extrem ist es meiner Meinung nach ein Tier einzusperren, es zu mästen und zu schlachten, nur um es dann essen zu können.

Arbeitest du mit Nahrungsergänzungsmitteln?
Nicht regelmäßig. Ich lasse zwischendurch meine Blutwerte checken und die sind immer top. Hin und wieder nehme ich trotzdem, um mein Gewissen zu beruhigen, eine B12- und im Winter zwischendurch mal eine Vitamin D-Kapsel. Übrigens: Ein B12-Mangel übrigens ist kein Problem, das nur Veganer haben. Ebenso, dass man zu wenig Eisen aufnehmen würde. Absoluter Quatsch!

Bei welchem Lebensmittel fällt es dir besonders schwer, darauf zu verzichten?
Ich muss gestehen, dass Käse lange Zeit schwierig war, weil er extrem süchtig macht. Aber zum Glück gibt es mittlerweile gute Alternativen. Man lernt aber auch, erfinderisch zu sein und probiert viele Rezepte aus.

Du wirst bald Vater. Wirst du deinen Nachwuchs auch von Anfang an vegan ernähren?
Das stimmt, wir bekommen in den nächsten Wochen Nachwuchs. Meine Frau hat sich während der Schwangerschaft komplett vegan ernährt und wir werden unsere Kleine ebenfalls vegan ernähren. Der 8-jährige Sohn isst auch nur Pflanzliches. Er ist übrigens topfit und ein ziemlich schlaues Kerlchen.

Was legst du dir heute auf den Grill?
Gute Frage… Wahrscheinlich grünen Spargel, ein saftiges Soja-Steak und ein leckeres Würstchen aus Lupinen!

29.5., 11-17 Uhr, Mampf-Sommerfest, zakk, Düsseldorf

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