Sophia Spies (Faira) im Interview – „Ich habe schon immer eine Leidenschaft fürs Gestalterische gehabt“

Endlich erklingen im Düsseldorfer zakk wieder live erzeugte Töne. Das zweite Konzert nach dem Lockdown haben einmal mehr die Damen vom Kultur- und Konzertkollektiv fem_pop auf die Beine gestellt – und die bürgen bekanntermaßen für Qualität. Für die elfte Ausgabe ihrer Konzertreihe haben sie unter anderem das Folk-Experimental-Projekt Faira eingeladen. Dahinter verbirgt sich die Kölner Sängerin und Gitarristin Sophia Spies, die, inspiriert durch Künstler wie Joanna Newsom, CocoRosie oder Sufjan Stevens, ihre ganz eigene, intime Version von Folk zeichnet. theycallitkleinparis hat kurz vor ihrem Auftritt in Düsseldorf mit der Musikerin gesprochen.

Sophia, wie bist du musikalisch sozialisiert worden?
Als Kind waren meine absoluten Lieblings-CDs ein Album von Clannad und eine Compilation aus Celtic Folk Songs. Mein erstes musikalisches Idol war allerdings Jewel, eine Country-Sängerin. Außerdem habe ich es immer sehr geliebt meinem Bruder Leonhard bei seinem klassischem Gitarrenspiel zu lauschen. Von meiner älteren Schwester Rebecca habe ich dann eine große Portion Goth und Melodic Metal im gemeinsam bewohnten Zimmer abbekommen, die mir gut gefallen hat. Und als ich auf irgendeinem Mixtape mal einen Song von CocoRosie hörte, hatte ich das Gefühl endlich meins gefunden zu haben, und das hat dann die Türen geöffnet für Musik von Björk, verschiedenen Trip-Hop und elektronischen Künstlern, aber auch letztendlich für Joanna Newsom und anderen Freak-Folk-Künstler, die ich noch heute sehr viel höre.

Du hast bereits im Alter von 13 begonnen, zusammen mit deinem Bruder Musik zu machen. Wie darf man sich das, was damals entstand, vorstellen?
Wir waren eine Schüler-Rockband. Unsere eigenen Songs waren ganz stark von Red Hot Chili Peppers beeinflusst, die Texte waren eher willkürlich zusammengesetzte Vokabeln aus einem English Dictionary. Auch wenn diese Musik rein gar nichts mehr mit dem zu tun hat, was wir heute machen, haben Leonhard und ich durch diese ersten gemeinsamen Schritte ein Fundament für das gemeinsame Musizieren gegründet.

Nach dem Abitur hast du dich dann zunächst mal für ein Modestudium an der Hochschule für Gestaltung in deiner Heimatstadt Pforzheim entschieden. Warum?
Ich habe schon immer eine große Leidenschaft fürs Gestalterische gehabt. Es gab keinen Tag in meiner Kindheit und Jugend, in der ich nicht gezeichnet habe. Gepaart mit meinem damaligen Interesse für Mode, Stoffe und Nähen war es dann sehr einfach mich dafür zu entscheiden. Da ich nie Noten lesen gelernt habe und auch im Gesang Autodidaktin bin, hatte ich auch schlichtweg nicht das Selbstbewusstsein, dass Talent vielleicht schon genügen könnte, um Musik zu studieren. Ich bin aber immer noch froh mit meiner Entscheidung und glaube, dass mir mein nicht studiertes Gehör so manche musikalische Freiheit gelassen hat.

Du hast auch Straßenmusik gemacht. Alleine?
Ja, ich war die meiste Zeit alleine unterwegs. Nach dem Abitur bin ich quer durch Deutschland gefahren. Dann habe ich einmal während der Semesterferien in Budapest gecouchsurft und gespielt und nach dem Studium habe ich ein halbes Jahr in Lissabon gewohnt und das hauptsächlich gemacht. Anfangs hatte ich noch eine Mischung aus eigenen Liedern und Covern, zum Beispiel von Leonard Cohen, Joanna Newsom oder Johnny Flynn. Am Ende habe ich nur noch meine gespielt und bin mit einem kleinen Verstärker und Mikrophon rumgetuckert.

Was hast du auf der Straße als Musikerin gelernt?
Ich habe gelernt damit klarzukommen, wenn niemand zuhört. Es hatte manchmal beinahe etwas Meditatives, so ganz im Lied versunken die Außenwelt und die Blicke und die Nicht-Blicke wahrzunehmen und anzunehmen, was auch immer da war. Seitdem fühlt sich eine Bühne, vor der sich Leute für meine Musik versammeln, wie ein Riesengeschenk an.

Seit 2017 lebst und arbeitest du in Köln. Was hat dich dorthin verschlagen?
Zwei meiner Geschwister haben mich hierhin verschlagen. Leonhard wohnt seit fast zehn Jahren hier und Nathalie wohnt seit einer Weile in Bonn. Ich wollte einfach wieder ganz nah bei ihnen sein. Inzwischen sind sogar noch zwei weitere Geschwister dazu gezogen. Wir warten eigentlich nur noch darauf, dass auch der letzte noch kommt…, dann wären wir alle vereint.

Du hast für diverse Musiker und Ensembles der Sparte Neue Musik gearbeitet. Das ist ja eine Musik, die nicht eben leicht zugänglich ist. Wie kamst du dazu?
Das kommt durch die Freundin meines Bruders Leonhard zustande. Anna Neubert, sie ist Violinistin und hat mich mit ins Boot des Ensemble uBu genommen. Dadurch haben sich in der Sparte immer wieder neue Türen geöffnet und ich konnte inzwischen mit einigen tollen Künstlern zusammenarbeiten.

Seit wann machst du unter dem Namen Faira Musik und was bedeutet der Name?
Ich nenne mich Faira seit ich ungefähr 15 bin. Das ist damals aus einem Wortspiel entstanden, recht unromantisch und ohne tieferen Sinn eigentlich. Aber mir gefiel der Klang und das Schriftbild so gut.

Wie entstehen deine Songs?
Meist aus einem gewissen Gefühl, dass etwas aus mir raus muss. Dann probiere ich so lange auf der Gitarre aus, bis ich den Klang habe, der das Gefühl widerspiegelt und anschließend lasse ich die Worte kommen. So ist das meistens. Manchmal schreibe ich auch zuerst einen Text, wenn es eher Gedanken sind als Gefühle, die ich hinaus projizieren muss.

Dein Album „The Talk“ ist am 30. April dieses Jahres erschienen, während des Corona-bedingten Lockdowns. Wie hast du den Release-Tag begangen?
Oh, ich habe erst mal die obligatorischen Instagram Posts gemacht. Und dann bin ich die frischgedruckten Booklets abholen gegangen und hab mich über sie gefreut, das war schön. Der Rest des Tages ist ziemlich unaufgeregt verlaufen.

Hast du seit Veröffentlichung von „The Talk“ überhaupt Konzerte spielen können?
Ich habe zwei Streaming-Videos gespielt, wobei man die nicht so ganz als Konzert zählen kann. Es fühlt sich einfach so gar nicht nach Konzert an. Vergangenen Mittwoch habe ich mein erstes echtes gespielt, im Bumann und Sohn in Köln.

Das Album hast du gemeinsam mit deinen beiden Geschwistern eingespielt. Deine Schwester spielt Geige, dein Bruder E-Gitarre und Bass. Außerdem war noch der Drummer Andrew Collberg dabei. Werden die drei dich auch bei deinem Konzert in Düsseldorf begleiten?
Korrekt, meine Schwester singt außerdem auch einige Zweitstimmen, vor allem live. In Düsseldorf habe ich noch das große große Glück, dass meine gute Freundin und eine Wahnsinnsmusikerin Gina Été mich begleitet und mit ihrer Bratsche und ihrer Stimme noch eine weitere Dimension in meiner Musik aufbaut. Sie spielt in Düsseldorf das erste Set und da werden wir unter anderem auch ein paar ihrer Songs in Duo-Besetzung spielen.

25.7., 20 Uhr, Faira & Gina Été, zakk-Biergarten

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