Jonny Bauer alias Carsten Johannisbauer kennt man in Düsseldorf seit vielen Jahren. Er war Teil der Celluloid Suckers, Mitbegründer der Brause und ist Frontmann der, wie er sagt, letzten Punkband Oiro. Nun hat er ein Buch geschrieben. Auf der Weg in die Hochkultur? theycallitkleinparis hat mal nachgefragt.
Du beschreibst dich selber mit den Worten „Immer dagegen, und manchmal dafür“. Damit würde ich gerne anfangen. Nenne mir doch mal drei Dinge, gegen die du ganz entschieden bist?
Das nennt man Punk. Ablehnen und dagegen sein. Und dann selber machen. Ich bin gegen einfach alles. Drei Dinge? Schwierig, zu wenig. Ich wähle das Thema Stadt: Ich bin gegen den Düsseldorfer Kulturdezernenten. Gegen das Stadtmarketing. Gegen eine Stadt von oben. Dagegen, dass sogenannte subkulturelle Kunst-Kulturvereine die Stadt um Veranstaltungsräume bitten. Das waren schon vier und ein Ende ist nicht in Sicht.
Und weil du ja nur manchmal dafür bist, eine, für die du bist?
Ich bin für „Recht auf Stadt“, für Beteiligung und Aneignung.
Du bist von Beruf Grafikdesigner, bist seit vielen Jahren Teil der Punkband Oiro. Wie entstand die Idee, ein Buch zu machen?
Es handelt sich dabei um eine Übung. Ich schreibe schon sehr lange Texte über Musik, Politik und Kunst. Ich wollte versuchen mein Schreiben auf eine Geschichte mit 300 Seiten auszuweiten, ohne diese zu verlieren.
Wie mühselig war der Schreibprozess?
Es war einfacher als gedacht, da die Geschichte an wahrhaftigen Ereignissen entlang erzählt wird. Ich habe dann Dinge entfernt oder dazu erdacht. Die Grundlinie war aber bereits vorhanden.
Die Charaktere heißen unter anderem Rollo Stichtag oder Thilo Heinzmann. Darf man daraus schließen, dass du mit dem Werk von Rocko Schamoni und Heinz Strunk bestens vertraut bist?
Interessanter Versuch. Die Namen beziehen sich nicht auf die beiden Hamburger Vögel und doch bin ich mit deren Werk vertraut. „Scheiternhaufen“ ist sogenannte Pop-Literatur und passt zu dem, was Schamoni und Strunk machen. Bei „Dorfpunks“ hat vieles an meine eigene Biografie erinnert, das war schön. Leider haben die Beschreibungen des Milieus in „Der goldene Handschuh“ ähnliches ausgelöst, das bereitet mir ein wenig Sorge.
Dein Debüt-Roman ist am 30. Juni erschienen. Was ist dran an dem Gerücht, dass du zehn Tage später auf dem „Open Source Festival“ betrunken Bücher an Festival-Besucher verschenkt hast?
Die Leute vom Open Source haben mitgekriegt, dass der Roman ein paar Tage vorher erschienen ist und mich gefragt, ob das Buch am Merchandise-Stand verkauft werden soll. Am Ende waren noch die Hälfte der Bücher übrig und ich besoffen. Nach Hause schleppen hätte sich als schwierig erwiesen, so hab‘ ich den Rest verschenkt. Wenn ich wüsste, an wen, würde ich die zurück fordern. Hab ich dir etwa auch eins gegeben?
Nein, ich habe mein Exemplar vom Verlag zugeschickt bekommen. Ganz offiziell. Das Buch trägt den Titel „Scheiternhaufen“. Dem Scheitern haben sich ja vor dir schon einige andere gewidmet. Christoph Schlingensief zum Beispiel („Scheitern als Chance“). Und vor nicht allzu langer Zeit Katrin Bauerfeind. Wer scheitert bei dir und woran?
Dazu ist zu sagen, dass Scheitern grundsätzlich sehr sympathisch ist. Nur wer etwas versucht, kann auch scheitern. Es gibt leider vieles, wofür die Welt noch nicht bereit ist. Meinen Scheitern-Begriff kannst du gerne mit dem von Christoph Schlingensief gleichsetzten. Die Gesellschaft ist nicht offen für grenzenlose Versuche. Die Masse lässt scheitern, womit derjenige, der etwas wagt, noch lange nicht gescheitert ist. Bei mir scheitert der Mainstream.
„Bestimmte Begebenheiten der Geschichte erinnern womöglich an Ereignisse, die wirklich stattgefunden haben“ heißt es in der Vorab-Bemerkung. Es geht zum Beispiel um eine Ramones-Coverband, die nach Argentinien aufbricht und dabei von einem Filmteam begleitet wird. Die Geschichte dürfte dem ein oder anderen Düsseldorfer aus der Realität bekannt vorkommen. Wer schreibt die besseren Geschichten. Du oder das Leben? Und warum?
Die wirklichen Erlebnisse sind nur ein schlaffer Ersatz für die Phantasie.
Brichst du in absehbarer Zeit auch zu einer Lesetour auf?
Mit unserer Band Oiro ist Touren anstrengend. Fünf Leute, das ganze Equipment, Bus, Stau, Kater. Da freue ich mich auf eine Lesetour. Der Plan ist, im Oktober zu zweit von Stadt zu Stadt zu schaukeln. Nur ein Buch und eine Gitarre unter dem Arm. Wir denken über einen bunten Strauß aus Hörspiel, Lesung, Musik, Quatsch und Chaos nach. Das könnte gelingen. Außerdem habe ich noch eine Geheimwaffe dabei.
Zum Schluss würde ich gerne noch mal auf das Thema Scheitern zurückkommen. Wann bist du selber das letzte Mal gescheitert?
Noch nie! Ich versuche einfach nichts.
„Scheiternhaufen“ von Jonny Bauer ist bei Salon Alter Hammer erschienen. Das Buch kostet 9,90 Euro.