Joseph Boys im Interview – „Wir haben alle Punk und Verfahrenstechnik studiert“

Für die Joseph Boys geht das Jahr 2019 direkt gut los. Am 11. Januar supporten sie die Fehlfarben im Weltkunstzimmer. Im April erscheint dann nach zwei EPs ihr erstes Album „Rochus“. Ein Gespräch über Spaziergänge durch Müll, Wut und aktive Trennkost.

 

Das neue Jahr hat just begonnen. Wie habt ihr den Jahreswechsel verbracht. Party? Oder doch eher eine launige Raclette-Runde?
Andi S.: Erst gab es chinesischen Feuertopf mit arabischem Reiterfleisch, vier Stunden Bleigießen mit Quecksilber. Meistens als Symbol den Golfschläger erkannt, „ein neues Angebot sollte nicht ausgeschlagen werden“. Dann wie immer um 23:20 Uhr ins Bett.

In diesem Jahr haben sich bei Facebook ja viele versprochen auf Böller zu verzichten. Wie war das bei euch?
Fränkie: Das ist sinnlos und ein ökologisches Desaster. Abgesprengte Fingerkuppen, gelöschte Augen und tonnenweise Feinstaub. Wundervoll! Das ist eigenständige Feuerwerkskunst! Zwischen den ganzen sinnlosen Investitionen ins eigene Leben ist Pyrotechnik eine heilsame Unterbrechung. Für einen Augenblick öffnet sich eine dionysische Pforte ins Chaos. Ein Konzert in D-Böller-Dur.

Und am Neujahrstag stand dann sicher das traditionelle Anschwimmen im Kö-Graben auf dem Plan, oder?
Fränkie: Nein, wie immer der traditionelle Neujahrsspaziergang durch den Müll. Anschauen, wie der Menschenverstand in haufenweise Papierhülsen in nur einer Nacht verpufft ist. Ich freue mich dann immer auf die Awista, die den Krieg beseitigen, damit etwas Neues beginnen kann.

Der Jahresanfang ist traditionell auch die Zeit der guten Vorsätze. Was habt ihr euch als Band für 2019 vorgenommen?
Andi A.: Unsere neue Platte, die wir im Herbst eingespielt haben, wird veröffentlicht. Wir werden diese Belebung des Kunstsinns mit Konzerten feiern. Neue Stücke werden entstehen und eine musikalische Revolution wird folgen.

Spätestens ab Januar arbeiten viele auch schon wieder an ihrer Bikini-/Badehosenfigur. Ihr präsentiert eins eurer Bandshirts an einem untenrum unbekleideten Leib mit beneidenswertem Apfelpo. Habt ihr für die theycallitkleinparis-Leser zwei, drei Tipps, wie man einen solchen Körper bekommen kann? Am liebsten natürlich ganz ohne Einsatz eines Personal Trainers…
Robin: Die effektivste Methode ist aktive Trennkost. Also das bewusste Trennen von Hunger und Appetit. Also Bier und Schnaps. Gut und Böse. Warm und Kalt. Unser Übungsraum ist übrigens alkoholisch halal, hat ein Genuss-Rabbi zertifiziert.

Ihr bezeichnet euch selber als ein Agglomerat von Wut, Erneuerung und Kunst. Was genau ist ein Agglomerat?
Michael: Wir haben alle Punk und Verfahrenstechnik studiert. Es bedeutet so viel wie „sich zusammenballen“. Bekanntlich sind die stärksten Fäuste die hochhaushoch erhobenen. Kunst und Revolution ist halt in Vereinigung am schönsten und der Haufen, den man in den Kö-Graben kacken kann, wird einfach größer.

Lasst und mal über Wut sprechen. Die ist ja zuletzt ein bisschen in Verruf gekommen. Stichwort Wutbürger. Ihr selber seid fünf nicht mehr ganz junge Männer. Worüber seid ihr derzeit wütend?
Fränkie: Wut und wütende Verwunderung geben sich meistens die Klinke in die Hand. Diese Stadt macht manchmal viel richtig, aber auch viel falsch. Man muss weiterhin mit dem Fahrrad auf die Kieferstraße zum Konzert fahren können und nicht mit dem Auto aufs Hotelzimmer. Und bitte wieder Raum und Ideen für freie Kunstvereine statt neue Uniqlo-Filialen.

Es heißt ja gemeinhin, dass die Wut mit zunehmendem Alter schwindet. Wie ist das bei euch?
Andi S.: Über Wut wird oft im Übungsraum gestritten und diskutiert. Meistens macht uns das dann noch wütender.

Ihr sagt „Die Zukunft, die wir wollen, muss gestaltet werden, sonst bekommen wir eine, die wir nicht wollen“. Was ist euch im Hinblick auf die Zukunft wichtig?
Fränkie: Diversität! Halt mich fest, ich werd‘ verrückt…

Bisher habt ihr als Joseph Boys zwei EPs veröffentlicht. Nun soll der erste Longplayer folgen. Wann kommt das Ding denn raus?
Andi A.: Unsere neue Platte erscheint im Frühjahr in der Nähe der Schwarzwaldklinik. Sie wird auf den Namen „Rochus“ hören.

Und worauf sollten sich die Hörer einstellen?
Andi S.: „Rochus“ wird lautstarker Protest und gestylte Provokation, eine stimmungsgeladene Collagenkanone über Spießbürgerkonsum und innere Obsoleszenz. Mit schnittiger Rotzigkeit und Anti-Establishment brechen Neonbilder das Grau-in-Grau auf. Alle sind gleich. Alle sind artig. Durch „Rochus“ gilt Düsseldorf dann zweifelsohne als einer der wildesten Orte der Welt.

Am 11. Januar spielt ihr zusammen mit den Fehlfarben im Weltkunstzimmer. Nun haben ja, wie bereits erwähnt, nicht alle von euch eine Buchs an. Trotzdem die Frage: Habt ihr im Hinblick auf die legendären Kollegen Schiss inne Buchs?
Fränkie: Gut, dass du fragst. Wir haben einen alten Rank-X-Kopierer im Übungsraum, auf dem wir immer die Setlisten vervielfältigen. Wir müssen Janie fragen, ob er noch Toner für einen Xerox 9700 im Keller hat.

11.1., 19 Uhr, Weltkunstzimmer, Düsseldorf

Schreibe einen Kommentar

*