Schiko im Interview – „Ich muss nicht weit reisen, um ein besonderes Foto zu machen“

Fotografen suchen ihr künstlerisches Glück oft in der Ferne. Nicht so Schiko. Er findet seine Motive vor der Haustür. In Düsseldorf. Bei Festivals, Partys oder Konzerten. Über die Jahre ist er so zu einer Art Szene-Chronist geworden. Im Rahmen des Duesseldorf Photo Weekend sind Arbeiten von ihm in der galerie t ausgestellt. theycallitkleinparis hat vor der Vernissage mit Schiko gesprochen.

Erinnerst du dich an deine erste Kamera?
Klar. Mein Vater, der damals bei Agfa arbeitete, schenkte mir mit 12 eine Agfa Optima 1535.

Mit welcher Kamera fotografierst du heute?
Ich habe immer eine Contax T3 dabei. Aber auch gerne eine andere.

Analog oder digital?
Ich möchte mich nicht selber begrenzen. Meine Zuneigung aber gilt dem analogen Foto.

Das letzte Foto, das du gemacht hast?
Sieht fast so aus wie das vorletzte Foto oder eins, das ich vor zehn Jahren gemacht habe.

Lässt du dich gerne fotografieren?
Eigentlich nicht. Aber da ich es selber mache, räume ich auch Anderen das Recht ein und versuche, locker zu bleiben.

Man kann dich als Chronisten der Düsseldorfer Szene bezeichnen. Wie bist du dazu geworden?
Ich würde mich eher als Chronist einer Szene betiteln. Und diese Szene spielt sich mit verschiedensten Inhalten in meiner direkten Umgebung ab. Je näher desto besser. Ich muss nicht weit reisen, um ein besonderes Foto zu machen. Alles ist besonders. Das Bild einer Welle, die der Rhein über die Steine an seine Ufer wirft, kann interessanter und bewegender sein, als das Foto des Gran Canyons bei einem Sonnenuntergang. Fremdanwesenheit ist das Ziel der meisten heute gemachten Fotos. Das interessiert mich nicht, zumindest nicht in meiner Arbeit. Also entstehen viele Fotos in der Stadt, in der ich lebe. Und da ich das schon sehr lange mache, ist ein Archiv dieser Szene, dieser Zeit und dieser Stadt entstanden.

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Foto: Schiko

Du fotografierst häufig dort, wo andere Leute feiern. Ist es nicht manchmal blöd, sich nicht der Feierei hingeben zu können, weil man arbeiten muss?
Überhaupt nicht. Ich fotografiere ja sehr gerne. Es gibt für mich nichts Schöneres, als ein Festival, wie zum Beispiel das Open Source, zu fotografieren. Material bezahlt zu bekommen und Musiker in allen Bereichen sehen und festhalten zu dürfen, ist wie ein Rausch. Die Arbeit liegt eigentlich in der Vorbereitung und der Nachbearbeitung einer Aufgabe. Aber je besser ich darin bin, desto mehr kann ich mich dem Moment des Fotografierens widmen. Es ist manchmal aber auch so, dass mir ein Konzert oder Erlebnis, wo ich nicht fotografieren darf oder kann, leer erscheint. Das nervt mich. Wenn der Film voll ist und ich keinen weiteren dabei habe, gehe ich einfach nach Hause.

Wie viele Bilder umfasst dein Archiv mittlerweile?
Einige tausend Filme.

Wie sind sie sortiert?
Eigentlich nur in meinem Kopf. Aber da kann ich ja kein USB-Kabel dran anschließen oder andere drin blättern lassen. Fast 4000 Bilder sind auf meinem Blog vertagt und auffindbar. Aber auch das Archivieren ist eine Aufgabe, der ich mich widmen muss.

Ab dem 12.2. sind Fotos von dir im Rahmen des „Duesseldorf Photo Weekend“ in der galerie t ausgestellt. Die Schau trägt den Titel „Unter der Oberfläche – Szene ohne Inszenierung“. Was erwartet die Besucher?
Ich werde Bilder zeigen, die analog, unbeschnitten und minimalst bearbeitet sind. Selbst unter dem Vergrößerer würde ich mehr machen. Es sind Künstlerporträts, Freunde, aber auch Orte. Ich möchte es schaffen, dass der Betrachter das Gefühl hat, diese Situation, diese „Ikone“ selber zu erleben, zu erkennen. Als würde er gerade genau da sein, wo sich die Szene des Fotos abspielt. Dadurch möchte ich auch eine Aussage über das analoge Foto machen. Und ich möchte Schönes zeigen. Ein Gesicht oder eine Situation, die gemalt nicht schöner sein könnte. Ich bin nicht so der Naturbursche. Also keine Blumen oder Bäume. Ich mag es, wenn Urin in der schattigen Betonwelt einer Hochhaussiedlung pyramidenförmig und in vielen Farbschattierungen in die Höhe wächst. Ich mag Klos, die so voll getagt sind, dass kein Platz mehr für weitere Tags ist. Und ich mag Menschen, die schön sind, weil sie es zulassen, dass wir in sie hineinschauen. Am 13.2. wird es um 17 Uhr ein Künstlergespräch mit Landry A und mir geben. Am 14.2. werde ich um 14 Uhr einen Vortrag halten über den Unterschied in der Arbeit zwischen analoger oder digitaler Technik und die heutige Bedeutung des analogen Bilds. Damit möchte ich Studierende ansprechen, aber auch Menschen, die sich für die analoge Fototechnik oder auch die Wahrnehmung unserer Welt durch Fotos interessieren.

Und wer ist der Mann, mit dem du gemeinsam ausstellst – Landry A?
Landry A aus Barcelona ist die Wahl der Galerie. Ich habe diese Wahl unterstützt, weil ich es interessant finde, zwei Fotografen, die eine Gemeinsamkeit haben, nämlich als „Szenefotograf“ betitelt zu werden, in einer gemeinsamen Ausstellung zu zeigen. Es sind einfach zwei verschiedene Wege zum Bild. Vielleicht auch eine Art Battle. Und es ist auch der Sound zweier Städte. Das wird spannend. Ich freue mich auf seine Bilder. Und ich freue mich sehr darauf, ihn kennenzulernen.

Wieso läuft die Ausstellung nur zehn Tage?
Reicht doch.

Was würdest du sagen, was macht ein gutes Foto aus?
Darüber wurden Bücher geschrieben. Ich mag „Die helle Kammer“ von Roland Barthes. Das Schöne an diesem Buch ist, dass er darauf keine wirklich klare Antwort findet, dass ich aber in der Schönheit seiner geschriebenen Sprache eine Antwort auf diese Frage fühle. Die Antwort könnte auch ein Gespräch sein, und das Loslassen von vorgegebenen Parametern von außen. Trau dich, etwas gut zu finden, auch außerhalb des Marktes. Und suche danach.

Dein Lieblingsfotograf?
Geprägt haben mich einige. August Sander, Bernd und Hilla Becher, Nan Goldin, Ruff und Gursky, Dash Snow, Newton, Richardson, Ricky Powell, Cappa, Teller, Diane Arbus, Nachtwey… aber einen könnte ich da nicht an die Spitze stellen. Das ändert sich ja auch mit der Zeit. Ich glaube nicht, dass der erste Kick für immer der beste sein muss. Das empfinde ich auch in der Musik nicht so. Ich hoffe, es kommen noch viele. Ich bin ja nicht verheiratet.

Welche andere Ausstellung beim „Duesseldorf Photo Weekend“ willst du dir unbedingt anschauen?
Ich habe mal auf der Seite geguckt. Die theoretische Arbeit von Mareike Foecking interessiert mich sehr. Inken Boje kenne ich schon lange und finde ihre Arbeiten sehr gut und weit. Die Bechers in Kaiserswerth, immer wieder. Sander/Somoroff läuft ja schon seit Januar. Aber vielleicht auch was, was ich nicht kenne. Schön, dass so viel geboten wird. Aber Freitag bis Sonntag werde ich in der galerie t sein.

12.-21.2. FotoSchiko & Landry A: „Unter der Oberfläche – Szene ohne Inszenierung“, galerie t, Hermannstr. 24, Düsseldorf, Fr 18-22, Sa 12-20, So 12-18 Uhr

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